■ Oberbayerns Coup gegen die Abtreibungspille Mifegyne
: Posse mit Nebenwirkung

Eingentlich eine klare Sache: Seit Montag können bestimmte deutsche Ärzte die Abtreibungspille Mifegyne legal bestellen. Der deutsche Importeur ist die Firma Femagen. Doch Femagen hat das Pech, in Bayern angesiedelt zu sein. Und Bayern, bekanntermaßen paranoid, wenn es um Abtreibungsfragen geht, behauptete einfach, Femagen dürfe die Pille nicht importieren, weil das Unternehmen keine staatlich anerkannte Abtreibungseinrichtung sei (nur an solche darf die Pille abgegeben werden). Eine völlig unhaltbare Auffassung, die sich naturgemäß nur wenige Stunden lang aufrechterhalten ließ. Das Bundesgesundheitsministerium brachte die Oberbayern wieder zur Räson. Dass Sachsen-Anhalt, wo sich Lager und Vertriebsunternehmen befinden, der bayerischen Auffassung auch noch folgte, macht die Sache nur noch peinlicher.

Diese Geschichte wäre tatsächlich nicht mehr als eine Posse, wenn sie die Pille nicht insgesamt wieder in Verruf brächte: Die Lebensschützerfraktion erzeugt erfolgreich Irritationen. Der Vertriebsweg sei unklar, suggeriert sie – obwohl die Importeure alle denkbaren Sicherheitsvorkehrungen getroffen haben, bis hin zum Nachweis über den Verbleib jeder einzelnen Packung.

Gleichwohl darf in den „Tagesthemen“ ein Oberarzt mahnend den Zeigefinger heben und erklären, das Zusatzmedikament für die Pille sei ja noch nicht mal zugelassen. Dass es aber vom Arzneimittelamt ausdrücklich empfohlen wurde, dass es in allen anderen europäischen Ländern verwendet wird und dass deutsche Ärzte es im Rahmen ihrer Therapiefreiheit juristisch risikolos anwenden können, verschweigt der Beitrag. Und Kardinal Meisner darf dort sogar von einer „ganz neuen Dimension der Kindestötung“ sprechen. Dass Kassen und Sozialämter sich noch nicht einmal geeinigt haben, in welcher Höhe die Kosten der Abtreibung per Pille für Sozialhilfeempfängerinnen übernommen werden, lässt einen geradezu an Verschwörungen glauben.

All dies sorgt für überflüssige Verunsicherung. Denn es geht um nichts anderes als um eine Alternativmethode zur chirurgischen Abtreibung. Diese medikamentöse Abtreibung hat – wie auch die Chirurgie – ihre Risiken. Diese sind bekannt, denn in Frankreich wird seit zehn Jahren mit Mifegyne abgetrieben. Ein Drittel aller Abtreibungen erfolgt dort medikamentös. Das sollte für sich sprechen, wenn die bayerischen Winkelzüge beendet sind.

Heide Oestreich