Kunstzentrum in der Neustadt?

■ Im Buntentor soll ein Kunstzentrum entstehen. Wir sprachen mit Carsten Werner vom Jungen Theater über diese Pläne

Die Kulturverwaltung plant, auf dem Gelände der ehemaligen Remmer-Brauerei in der Neustadt ein „Kunstzentrum Buntentor“ einzurichten. Aus der dort stehenden Schwankhalle soll ein freies Theaterhaus gemacht werden, das dem Jungen Theater und weiteren freien Theatergruppen als Spiel- und Produktionsstätte dient. Gemeinsam mit der Städtischen Galerie im Buntentor sowie den dort bereits ansässigen MusikerInneninitiative MIB würde so das „Kunstzentrum Buntentor“ entstehen. Momentan ist dieses Projekt noch in der Planungsphase. Wie der Umbau der maroden Schwankhalle und der laufende Unterhalt des Zentrums finanziert werden soll, ist noch ebenso unklar wie seine personelle Ausstattung. Eines aber ist klar: Dem Jungen Theater Bremen kommt eine Schlüsselrolle bei der Profilierung des Kunstzentrums Buntentor zu. Im Februar 2000 wird der Spielbetrieb an der Friesenstraße eingestellt. Danach laufen alle Planungen des Ensembles darauf hinaus, im Buntentor eine neue Heimat zu finden. Über den Stand der aktuellen Planungen sprachen wir mit Carsten Werner vom Jungen Theater.

taz: Was sieht der Konzeptentwurf für ein „Kunstzentrum Buntentor“ vor: Soll links der Weser eine Art Schlachthof für die Neustadt entstehen?

Carsten Werner: Nein. Der Entwurf plädiert gerade nicht für ein weiteres soziokulturelles Zent-rum im Stile des Schlachthofs, sondern setzt den Akzent eindeutig in Abgrenzung zu einem solchen Schwerpunkt auf den Aspekt Kunst.

Was heißt das?

Das bedeutet, dass im Buntentor ein Zentrum entstehen soll, das in Zusammenarbeit mit der Werkstatt für freie Bühnenkunst im Kontorhaus als zentrale Anlaufstelle für die freie Theaterszene fungieren soll und zugleich experimentelle und übergreifende Projekte mit den Sparten Jazz, bildende Kunst oder Improvisationsmusik ermöglicht. Kurz gesagt: Bauchtanzkurse und Laientheaterinszenierungen wird es dort nicht geben, weil dafür an anderen Stellen in der Stadt genügend Angebote bereit stehen.

Wer entscheidet über das Profil des Zentrums?

Ein künstlerischer Leiter, den es noch zu finden gilt und der sich um die spartenübergreifende Programmplanung kümmern wird. Das Junge Theater wird nach wie vor über sein Programm und die Gastspiele selbst bestimmen, aber wir würden es dann in Abstimmung mit den anderen Zentrumsbenutzern tun. Künstlerische Ausschlusskri-terien halte ich nicht prinzipiell für falsch. Sie können auch der Stärkung des Profils dienen.

Wieso begrüßt das Junge Theater diese geplante Einrichtung?

Weil wir merken, dass wir erstmals seit Bestehen unseres Theaters seitens der Kulturbehörde eine Bestandsgarantie erfahren. Sowohl Kultursenator Bernt Schulte als auch die Leiterin des Kulturbüros, Margrit Hohlfeld, wollen definitiv, dass es in Bremen ein experimentelles, unkonventionelles Off-Theater gibt und trauen uns diese Rolle auch zu. Wenn man unsere Programmentwicklung der letzten sieben Jahre betrachtet, ist offensichtlich, dass die permanente Angst vor dem endgültigen Aus uns stillschweigend dazu geführt hat, die Schwerpunkte zu Unguns-ten des experimentellen und unkonventionellen Theaters zu verschieben. Diese Schere im Kopf war künstlerisch lähmend und hat uns mehr geschadet, als ein künstlerischer Leiter es je tun könnte.

Wird der Umzug Eure finanzielle Situation verbessern?

Davon gehe ich aus. Momentan erhalten wir 200.000 Mark jährlich aus dem Kulturetat, von dem wir die Hälfte für Nebenkosten wie Mieteinnahmen verwenden müssen. Die fallen zukünftig weg, so dass wir mehr Geld für die inhaltliche Arbeit zur Verfügung haben. Wir gehen auch davon aus, dass sich nach dem Umzug die Anzahl der festen Schauspieler am Jungen Theater erhöhen wird. Im Augenblick haben wir dafür drei Stellen.

Wird die Förderung des Jungen Theaters wie bisher primär dem Erhalt der Institution dienen?

Nein. Die Förderung wird umgestellt von einer institutionellen auf eine so genannte optionale Förderung. Es werden über einen längeren Zeitraum Ziele festgelegt, die wir einhalten müssen. Das heißt in unserem Fall, dass wir für eine rege Off-Szene zu sorgen haben. Im Umkehrschluss bedeutet das natürlich auch, dass wir nicht weiter gefördert werden, wenn wir dieses Ziel nicht einhalten. Aber das ist ok: Warum sollen wir in fünf Jahren noch Geld bekommen, wenn wir dann nur noch schnarchen sollten?

Was passiert mit dem Jungen Theater, wenn an der Friesenstraße der Betrieb eingestellt wird?

Wir werden im alten Fuhrpark-Gebäude im zukünftigen Zentrum ein Büro haben, was die organisatorischen Abläufe organisiert. Wir planen für das nächste Jahr ein bis zwei Eigenproduktionen, mit denen wir an verschiedenen Spielstätten in Bremen zu sehen sein werden. Vorstellbar sind Galerien, Hafengebäude, Privatwohnungen, Open-Air-Auftritte, an denen wir auch Gastspiele zeigen werden. Ohne feste Spielstätte werden wir verstärkt Produktionen machen, die nur wenige Tage laufen und von der nächsten kurzen Aktion abgelöst werden. Fragen: zott/ck