Telefónica-Bosse im Aktien-Glück

Die Aktienkurse der 1997 privatisierten spanischen Telefónica steigen, und die hundert höchsten Angestellten profitieren davon gewaltig  ■   Aus Madrid Reiner Wandler

Die hundert höchsten Angestellten des spanischen Telekom-konzerns Telefónica reiben sich jeden Morgen schon beim Frühstück die Hände. Ein Blick in den Börsenteil der Zeitung genügt, um festzustellen, dass sie schon wieder einen Viert- oder Fünftwagen oder ein Häuschen am Strand dazuverdient haben.

Seit Februar 1997 sind sie Miteigentümer ihres privatisierten Staatsbetriebes. Allerdings im Augenblick nur virtuell. „Stock options“ – zu deutsch Aktien-Optionen – heißt das Geschenk, mit dem sie Telefónica-Präsident Juan Villalonga bedacht hat. Die Gruppe der hundert kann im Februar 2000 Aktien zum Wert von 1997 erstehen und sofort wieder zum aktuellen Börsenstand veräußern. Hätten die leitende Angestellten dieses Geschäft gestern abgewickelt, wären sie um insgesamt 450 Millionen Mark reicher. Selbst die Schamfrist von fünf Jahren bis zum Wiederverkauf der Wertpapiere, wie sie kurzzeitig in der Chefetage von Telefónica debattiert wurde, hat der Vorstand jetzt wieder verworfen. Das Geld gibt es zehn Tage nach Ablauf der Dreijahresfrist im Februar 2.000 und dann auch noch cash.

Das Modell findet auch bei den Telefónica-Tochterunternehmen Anwendung. Den Hauptgewinn zogen dabei die Chefs der Internetfirma Terra Networks. Als die Gesellschaft Mitte November an die Börse ging, verdreifachte sich der Wert der Aktie in nur einem Tag. Villalonga und die leitenden Angestellten von Terra verdienten mit ihren „stock options“ damit in wenigen Stunden 188 Millionen Mark.

„Skandalös“ nennen die Gewerkschaften, die in den letzten Jahren einen Umstrukturierungsplan nach dem anderen über sich ergehen lassen mussten, die Supereinkommen der leitenden Angestellten. Und selbst für die sonst in Wirtschaftsfragen eher zurückhaltende spanischen Bischofskonferenz schreit das Treiben von Villalonga zum Himmel. „Der schnelle und spekulative Reichtum“ sei eine „Beleidigung“ der acht Millionen Spaniern – von insgesamt 40 Millionen – Spaniern, die mit weniger als 518 Mark monatlich unter der Armutsgrenze leben.

Villalonga verteidigt die „stock options“ als „Leistungsanreize“. Es könne doch jeder solche Anlagengeschäfte machen, behauptet der Telefónica-Chef, obwohl er genau weiss, dass normale Aktienoptionen in Spanien eine Laufzeit von gerade mal drei Monaten haben. Wirtschaftsminister Rodrigo Rato nimmt Villalonga in Schutz. „Das ist in allen Ländern üblich und hat zum Ziel, dass die Verantwortlichen ein Interesse daran haben, die Aktienkurse zum Steigen zu bringen“, sagt er.

Was Rato verschweigt: Villalonga ist ein enger Schulfreund des konservativen Regierungschefs José Maria Aznar. Die Telefónica-Privatisierung und die Berufung Villalongas zum Präsidenten des Unternehmens riecht damit nur allzu stark nach Vetternwirtschaft auf höchstem Niveau. Zumal – wie die Opposition bei verschiedenen Parlamentsdebatten immer wieder hervorhob – es sich bei Telefónica um einen Betrieb in einer Wachstumsbranche handelt, in der die Gesellschaft auch noch nach ihrer Privatisierung zumindest teilweise eine monopolähnliche Stellung hat.

Wie um das Geschenk noch zu versüßen, werden die Gewinne aus den Geschäften mit den „stock options“ bisher nur mit 20 Prozent versteuert. Den gleichen niedrigen Satz muß etwa ein Arbeiter mit 2.500 Mark netto monatlich an den Fiskus abführen. Der Spitzensteuersatz auf Einkommen hingegen liegt bei 48 Prozent.