■ Vorlauf
: Jeanne macht's mit Zunge

„Jeanne d'Arc“, Sonntag und Montag, 20.15 Uhr, RTL

Die Ritter wurden mit einem Tieflader zur Schlacht gekarrt und im Studio später per Kopierverfahren vervielfältigt.

Natürlich verfügte die Produktion auch über einen aufmerksamen Effects-Supervisor. Wenn während der Dreharbeiten zu „Jeanne d'Arc“ mitten im schönsten mitteralterlichen Frankreich ein Baukran im Hintergrund störte oder eine Statue von Personen, die noch gar nicht geboren war, dann wurden diese „Anachronismen“ nach dem Dreh einfach digital übermalt. „Bei den Ruinen“, so Tom Turnbull, „mussten wir manchmal fehlende Mauern mit der Hilfe von Computergrafik ergänzen.“ So omnipotent stellt man sich das vor, wenn im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ein Film entsteht. Witzig nur, wenn dann makrobiotisch ernährte Hollywood-Komparsen europäische Hungerleider spielen, die deutsch übersynchronte Heldin (Leelee Sobieski) mit deutlich sichtbarem Zungen-TH zur Schlacht um Orlean und Ehre ruft oder der 100-jährige Krieg mit drei banalen Sätzen erklärt wird.

„Jeanne d'Arc – Die Frau des Jahrtausends“ war einmal eine europäische Heilige und schlug ihre Schlachten, als Amerika noch den Indianern gehörte. Aber deshalb die Verfilmung der Story den Franzosen oder Engländern überlassen? Gott ist doch überall, also darf die heilige Heldenverehrung auch keine Grenzen kennen. Und entstanden nicht auch die schönsten Bibelverfilmungen near by L.A.?

Historiker, Gottesfürchtige und andere Puristen werden diesen mit Jacqueline Bisset über Peter O'Toole bis Shirley MacLaine prominent besetzten Zweiteiler für das Jüngste Gericht mit Werbepausen halten. Für alle anderen ist durchaus sehenswert, mit welch routinierter Einheitsästhetik die historische Jeanne d'Arc von allem politischen Hintergrund, aller Kirchengeschichte, allen regionalen Spezifika befreit wurden. Übrig bleibt, was solche Schmonzetten immer erzählen: Held müsste man sein. Klaudia Brunst