Rückschlag für die iranische Reformbewegung

■ Abdollah Nuri und Maschallah Schamsolwaesin zu hohen Haftstrafen verurteilt

Berlin (taz) – Der prominente iranische Reformpolitiker Abdollah Nuri ist am Samstag vom Teheraner Religionsgericht wegen Beleidigung des Islam zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe von 5.000 Dollar verurteilt worden. Das Gericht verfügte auch die Schließung der von ihm herausgegebenen Zeitung Chordad. Nuri, dem noch die Möglichkeit der Berufung offensteht, wurde sofort nach der Urteilsverkündung ins Evin-Gefängnis gebracht. Am selben Tag verhängte das iranische Pressegericht eine dreijährige Haftstrafe gegen Maschallah Schamsolwaesin, den Chefredakteur der reformorientierten Zeitung Asr-e Asadegan.

Nuri, der bereits vor zwei Wochen von den Geschworenen in 15 von 20 Anklagepunkten (darunter auch proisraelische und proamerikanische Propaganda) schuldig gesprochen worden war, hatte dem Religionsgericht die Legitimität abgesprochen und seine Verteidigungsrede im Verfahren zu grundsätzlicher Kritik am politischen Kurs des geistlichen Führers Chamenei genutzt. Unter anderem forderte er die rückhaltlose Aufklärung der Mordserien, denen oppositionelle Intellektuelle zum Opfer gefallen sind. Dem konservativen Klerus gilt Nuri auch als Gefolgsmann des entmachteten Großayatollahs Montaseri, des Hauptgegners von Chamenei innerhalb des Klerus. Nach Einschätzung von Journalisten war mit einem Strafmaß von drei Jahren auf Bewährung zu rechnen gewesen. Das harte Urteil, das auch ein fünfjähriges Verbot journalistischer Tätigkeit nach dem Ende der Haft einschließt, bedeutet einen erneuten Rückschlag für die Reformer um Staatspräsident Chatami. Nuri, der bereits bei Kommunalwahlen ein glänzendes Ergebnis erzielt hatte, sollte als Spitzenkandidat der Reformbewegung zu den Parlamentswahlen im kommenden Jahr antreten.

Dass die geistliche Führung, angesichts schwindender Aussichten ihrer Kandidaten bei den Wahlen, versucht, die Symbolfiguren der Bewegung mit den Mitteln der Justiz zu Fall zu bringen, wird im Lager der Reformer auch unter einem positiven Aspekt gesehen. „Noch vor ein paar Jahren hätte man uns hingerichtet, oder wir wären einfach verschwunden“, erklärte der verurteilte Schamsolwaesin. „Dass wir nun nur Gefängnisstrafen bekommen, ist ein Schritt vorwärts.“ Und Hamidresa Jalaipur, bislang Journalist bei Chordad, meint mit Blick auf die Verhaftungen: „Es scheint, als ob sich die zivile Gesellschaft im Gefängnis formiert.“ Chefredakteur Ali Hekmat hat bereits angekündigt, das Blatt unter anderem Namen weiterführen zu wollen.

Kambiz Behbahani