Weltweite Koalition gegen Garchinger Reaktor

■ Auch Rußland, China und Südafrika wollen ihre Forschungreaktoren auf niedrig angereichertes Uran umstellen. Die IAEO ist besorgt, die USA bieten Hilfe an

Berlin (taz) – Das US-Energieministerium und die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien wollen die zivile Nutzung atomwaffentauglichen Urans weltweit weiter reduzieren. Das geht aus den Budgetplanungen der Clinton-Administration für das Jahr 1996 und Äußerungen führender IAEA-Repräsentanten hervor. Damit gerät die Technische Universität München, die ihren in Garching geplanten Forschungsreaktor München II (FRM II) gegen den internationalen Trend mit hochangereichertem Waffenuran betreiben will, weiter ins Abseits.

Vor dem zuständigen Ausschuß des Repräsentantenhauses beantragte das Washingtoner Energieministerium für 1996 gut zwei Millionen Dollar zur Weiterentwicklung sogenannter „hochdichter Brennstoffe“. Die bereits im Rahmen des „Programms zur Anreicherungsreduzierung in Forschungsreaktoren“ (RERTR-Programm) in den achtziger Jahren bereitgestellten Reaktorbrennstoffe sollen mit dem Ziel weiter verbessert werden, daß schließlich auch die stärksten Neutronenquellen (Hochflußreaktoren) auf nicht mehr waffentaugliches, leicht angereichertes Uran umgestellt werden können. Zusätzliche Mittel will das Energieministerium einsetzen, um Rußland, China und Südafrika bei der Konversion ihrer, bisher ebenfalls mit Waffenuran betriebenen, Forschungsreaktoren zu unterstützen.

Rußland will im Rahmen des RERTR-Programms in fünf Jahren neue Brennstoffe entwickeln, um insgesamt 26 Forschungsreaktoren zu entschärfen, darunter 13, die die frühere Sowjetunion nach Nordkorea, Libyen, Vietnam und Osteuropa geliefert hatte. Ein ähnliches Abkommen bereitet das US- Energieministerium mit Peking vor. Auch Forschungsreaktoren made in China werden bisher mit Waffenuran befeuert. Mit Meilern dieser Bauart versorgte Peking sensible Länder wie Iran, Pakistan oder Ghana. Bereits seit 1994 unterstützen die USA das neue Südafrika bei der geplanten Umstellung eines bisher mit Waffenuran betriebenen Reaktors.

Kritik müssen sich die USA allerdings auch selbst gefallen lassen. Europäer und Japanern beklagen, daß die Amerikaner sich nach Protesten von Umweltgruppen seit 1988 weigern, frühere Rücknahmeverpflichtungen einzuhalten. Die Betreiber von Forschungsreaktoren in Europa und Japan stehen deshalb vor fast unlösbaren Entsorgungsproblemen. Weil sich auch verbrauchte HEU-Brennelemente (hochangereichertes Uran; d.R.) nach Abklingen der radioaktiven Strahlung zum Bombenbau mißbrauchen lassen, ist die IAEA über die wachsenden HEU-Halden besorgt.

Anläßlich eines öffentlichen Hearings Ende Mai in Washington bekräftigte der IAEA-Vertreter Iain Ritchie das Ziel der Wiener Atomaufseher, „den zivilen Handel mit HEU für Forschungsreaktoren weltweit zu reduzieren und möglichst einzustellen“. Voraussetzung dafür sei neben einer Fortsetzung des internationalen RERTR-Programms auch die Rücknahme aller Bestände an exportiertem, waffentauglichem Uran durch die Lieferländer.

Ausdruck dieser Sorge ist auch ein Brandbrief, den IAEA-Generalsekretär Hans Blix kürzlich Richtung Moskau sandte. Die Sowjetunion war neben den USA jahrzehntelang der zweite große Exporteur von bombentauglichem Uran. In dem Schreiben an den russischen Atomminister Viktor Michailow fordert der IAEA-Chef Rußland auf, sich wie die USA zur Rücknahme des von der früheren Sowjetunion exportierten Waffenurans zu verpflichten. In Verbindung mit dem RERTR-Programm werde auf diese Weise „der internationale Handel mit HEU für Forschungsreaktoren fast vollständig verschwinden und verbrauchtes HEU sicher an nur wenigen Orten gelagert“, hofft Blix.

Anläßlich des Washingtoner Hearings lieferte auch das Bonner Außenministerium ein Statement. Deutschland habe alle internationalen Bemühungen gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen stets aktiv unterstützt, versicherte Botschaftsrat Peter Wenzel-Constabel im Namen der Bundesregierung. Die „Umstellung der meisten Forschungsreaktoren“ von hochangereichertem auf leichtangereichertes Uran bestätige die deutsche Position. Wenzel-Constabel vergaß nur zu erwähnen, daß ein im Herbst 1994 unterbreitetes Kooperationsangebot der USA für ein „Re-Design“ des in Garching geplanten FRMII in Bonn und München ohne Resonanz blieb. Die Garchinger bestehen weiterhin auf dem Einsatz von Bombenuran. Gerd Rosenkranz