Der Gott des Spotts

■ Der schottische Pop-Exzentriker Momus lädt zur modischen Karaoke-Show mit unbedingtem Willen zum Stil und Ironie

„Oh Lord, how long will it take me to get famous?“, fragt ein verzweifelter Nicholas Currie auf Ping Pong. Und wie es sich für jemanden gehört, der sich mit dem Pseudonym des griechischen Gottes des Spottens und Zweifelns schmückt, war das natürlich ironisch gemeint. Berühmt werden, das wird Currie wohl nie.

Seit 15 Jahren macht der Schotte Musik, ohne dass die breite Masse davon Notiz genommen hätte. Auch die englische Musikkritik, immer auf der Suche nach den neuen Beatles, begegnet Currie mit Unverständnis. Im New Musical Express wurde dem 1991 veröffenlichten Album Hippopotamomus sogar eine ganz besondere Ehre zuteil: Auf der Skala von 1-10 möglichen Punkten erhielt die Platte eine glatte Null. In seiner Heimat ignoriert, sucht Currie inzwischen sein Glück in der Fremde. Er lebt in Frankreich, in Japan genießt er Kultstatus und schreibt für das Superstar-Girlie Kahimie Karie Top-Ten-Hits.

Immerhin: Sein aktuelles Album Stars Forever hatte Currie bereits vor der Veröffentlichung 30.000 Dollar eingebracht. Denn, so hatte Currie auf seiner ausgezeichneten Homepage (www.demon.co.uk/momus) angeboten, die ersten 30 Fans, die ihm 1000 Dollar überweisen, bekämen einen eigenen Song maßgeschneidert. Die Resonanz war erstaunlich, nach einer Woche war die Liste dicht. Das Geld hatte Currie allerdings auch bitter nötig. Denn der Musiker Wendy Carlos hatte ihn verklagt. Die hieß früher noch Walter Carlos, und Currie hatte es gewagt, sie in einem Song auf Analogue Barock mit ihrem früheren männlichen Ich zu verheiraten.

Der anstößige Song ist typisch für die Texte von Currie: Immer wieder erzählt er Geschichten von bizarrer Erotik und sexuellen Verwirrungen. Sein Personal sind perverse Professoren, Kinderschänder, Nekrophile und Sexsüchtige. Sein erklärtes Vorbild Serge Gainsbourg ist allgegenwärtig. Wie der berüchtigte französische Erotomane inszeniert Currie sich als Globetrotter in Sachen abseitiger Sexualität: schmutzig, dekadent und unendlich stilvoll. Seine Kleidung sieht aus, als stamme sie von japanischen Designern, deren Namen man hierzulande noch nie gehört hat, und die Augenklappe, die er seit einigen Jahren trägt, fügt dem dandyesken Auftreten eine verwegene Note hinzu.

Hinter der schillernden Persönlichkeit muss die Musik zwangsläufig zurück- stehen. Die ist meist dominiert von billigen Beats, alten Syn-thies und Akustikgitarren. Das klingt ganz charmant, aber ziemlich nebensächlich. Und das ist auch das Problem bei seinen Live-Auftritten. Denn die ähneln meist einer Karaoke-Show. Currie singt zu Dat-Tapes – und mehr passiert auch nicht. Das genügt der kleinen Schar von Fans, langweilt aber alle anderen. So kommt es bei Momus-Konzerten schon mal vor, dass die unhöflich-quasselnden Gäste lauter sind als der Vortrag auf der Bühne.

Marcus Müntefering

So, 12. Dezember, 21 Uhr, Westwerk