CDU-Politiker will AOK in die Pleite schicken

Der Gesundheitsexperte Ullrich Meier ist gegen Unterstützung des Landes für die verschuldete Krankenkasse. Grüne und PDS: Senat ist mitschuldig an der Misere

Vor der entscheidenden Krisensitzung über die Zukunft der hoch verschuldeten Berliner Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) schlugen gestern die Wellen hoch: Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Ullrich Meier, forderte den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) auf, gegenüber der AOK „keine Zugeständnisse“ zu machen. „Die Politik sollte mit der AOK einen Paradigmenwechsel vornehmen“, sagte Meier gegenüber der taz. Wenn die Kasse sich im Wettbewerb nicht behaupten könne, „dann muss sie pleite gehen“. Mit dem neuen Krankenhausplan habe die Politik ihre Schuldigkeit getan.

Das sehen die Gesundheitsexperten von Bündnisgrünen, PDS und SPD anders. „Das Land hat bislang erst zehn Prozent der Einsparungen umgesetzt, zu denen es sich gegenüber den Kassen vertraglich verpflichtet hat“, sagte Bernd Köppl (Bündnisgrüne). Nach Angaben der AOK fehlen von der Einsparsumme, die für 1998 und 99 festgelegt ist, bislang noch 500 Millionen Mark. Besonders bei den Uniklinika und frei-gemeinnützigen Krankenhäusern stehen die Einsparungen noch aus.

„Der Senat ist in der Pflicht“, sagt auch Ingeborg Simon (PDS). Wie viele Gesundheitsexperten kann sie sich nicht vorstellen, dass der Senat oder der AOK-Bundesverband zulassen, dass die größte Berliner Krankenkasse geschlossen wird. „Das wäre ein dramatischer Schaden für das ganze Solidarsystem“, sagte Simon. Ähnlich sieht es Köppl: „Die Bevökerung kann sich dann nicht mehr sicher sein, dass das Versicherungssystem tragfähig ist.“

Wie bereits berichtet, klafft im Haushaltsentwurf der Berliner AOK für das kommende Jahr ein Loch von 280 Millionen Mark, obwohl ihr der AOK-Bundesverband jährlich mit 300 Millionen unter die Arme greift. Der Bundesverband will den Etatentwurf deshalb nicht genehmigen. Die AOK erwägt, die Beiträge für ihre 750.000 Berliner Mitglieder von 14,9 auf 17,1 Prozent zu erhöhen oder den Landesverband zu schließen. Diepgen hat daher gestern Abend Vertreter der AOK aus Bonn und Berlin sowie die zuständigen SenatorInnen zu einem Gespräch geladen. Die Krisensitzung fand nach Redaktionsschluss statt.

Die anderen Berliner Krankenkassen reagierten gestern besorgt auf die Entwicklung bei der AOK. Im Falle einer Schließung müssten sie – je nach Antrag der Versicherten - die AOK-Mitglieder aufnehmen. Bei der AOK sind zahlreiche alte und kranke – und damit für die Kassen teure - Menschen versichert. „Für uns ist es nicht dramatisch“, sagte der Sprecher der Ersatzkassen, Andreas Kniesche. Kleine Innungs- und Betriebskrankenkassen könnten aber so in die Pleite getrieben werden.Sabine am Orde