Holbrooke scheitert in Afrika

Bei seiner Rundreise durch Zentralafrika konnte der neue UN-Botschafter der USA im Kongo und in Angola nichts erreichen. Von internationalen Friedenstruppen ist jetzt nicht mehr die Rede ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Afrika ist um eine Illusion ärmer. Kein Geringerer als Richard Holbrooke, US-Botschafter bei den Vereinten Nationen, hat bei seiner gestern beendeten zweiwöchigen Reise durch Afrika eine Hoffnung zerstört: dass er mit dem ganzen Gewicht seiner früheren Verhandlungserfolge in Ex-Jugoslawien auch die Kriege Zentralafrikas beenden könnte.

Mit jeder Station auf seiner Rundreise schwand Holbrookes anfänglicher Enthusiasmus für „große Kongo-Friedenstruppen“, die er am 2. Dezember zu Beginn seiner Tour versprochen hatte. Am 6. Dezember schimpfte er in Südafrika: „Die Aktionen gewisser Konfliktparteien sind Haupthindernis für die Bemühungen der internationalen Gemeinschaft im Kongo.“ Am 7. Dezember gestand er in Sambia: „Dies ist keine Bosnien-Reisediplomatie ... Ich kann nicht verhandeln und gleichzeitig meinen anderen Job machen.“ Und am 11. Dezember, nach ernüchternden Gesprächen mit der Regierung von Präsident Laurent Kabila im Kongo, sagte Holbrooke: „Wir, die im Kongo den Frieden sichern wollen, werden nicht weitermachen, bis wir sicher sind, dass wir eine Politik und ein Programm haben, das Wirkung zeigt.“ Warum ist Holbrooke dann überhaupt nach Afrika gereist? Kongos Außenminister Abdoulaye Yerodia ging an die Grenzen diplomatischer Höflichkeit, als er darauf hinwies, dass das Lusaka-Friedensabkommen für den Kongo, auf dessen Umsetzung Holbrooke drängt, am 11. Juli unterschrieben wurde. „Und er kommt am 11. Dezember.“

So ist wenig wahrscheinlich, dass die Kongo-Kriegsparteien bei ihrem heute in Äthiopien angesetzten Treffen einen „Vermittler“ für den anvisierten „nationalen Dialog“ benennen, was Holbrooke mehrfach als Bedingung für ein US-Engagement bei der Überwachung eines Friedens im Kongo nannte. Regierung und Rebellen sowie ihre ausländischen Unterstützer favorisieren dafür unterschiedliche Kandidaten.

Frieden herrscht im Kongo ohnehin nicht mehr. Vielmehr sind in den Regenwäldern der nordwestlichen Provinz Equateur heftige Kämpfe im Gange, begünstigt durch starke Überschwemmungen, die die Mobilität von Truppen auf den Wasserwegen des Kongo-Beckens erhöht. Die von Uganda unterstützte „Kongolesische Befreiungsbewegung“ (MLC) sieht sich einer Großoffensive Kabilas gegenüber, während die von Ruanda unterstützte „Kongolesische Sammlung für Demokratie“ im Südosten der Provinz simbabwische und namibische Truppen eingekesselt hält.

In Angola, dem anderen großen Brandherd Zentralafrikas, war Holbrooke auch nicht erfolgreicher. Er trat sogar in ein Fettnäpfchen, indem er Hilfsorganisationen vorwarf, zu wenig für die Rückführung von Kriegsvertriebenen zu tun – ganz so, als ob er nicht wüsste, dass seit einem Jahr wieder Krieg in Angola herrscht, Millionen von Menschen auf der Flucht sind und Hilfsorganisationen in ihrer Arbeit behindert werden.

Die USA unterstützen nahezu blind Angolas Regierung in ihrem Kampf gegen die Unita-Rebellen und nehmen damit eine Eskalation in Kauf. Während Holbrooke durch die Region reiste, bombardierte Angolas Luftwaffe „versehentlich“ Dörfer in Sambia und lieferte sich Gefechte mit Unita-Einheiten an der Grenze zu Namibia. Und offenbar mit dem Segen Washingtons beschlossen die Regierungen von Angola, Namibia, Simbabwe und Kongo am Wochenende bei einem Treffen in Namibias Hauptstadt Windhoek eine intensivere militärische Zusammenarbeit. „Wir unterstützen völlig die laufende Offensive, um die Unita-Banditen ein für alle Mal zu vernichten“, sagte Namibias Präsident Sam Nujoma.

Einen kleinen Lichtblick gab es dann doch: Pünktlich vor Holbrookes Ankunft in Uganda am Freitag einigten sich die Präsidenten von Uganda und Sudan in Gesprächen unter Vermittlung Jimmy Carters darauf, ihren „kalten Krieg“ zu beenden. Nachdem Uganda jahrelang die SPLA-Rebellenbewegung im Südsudan unterstützt hat und Sudan die nordugandische Rebellenbewegung LRA beherbergte, soll nun jegliche „militärische oder logistische Unterstützung für Rebellen, Oppositionelle und feindliche Elemente beider Staatsgebiete“ enden, wie es in einem am Mittwoch veröffentlichen Kommuniqué hieß. Ende Februar 2000 sollen „volle diplomatische Beziehungen wiederhergestellt“ werden. Bei näherem Hinsehen ist aber fraglich, ob das nicht eher für Sudan ein Erfolg ist als für die USA, die Sudans Militärregime international isoliert sehen möchten.

Richard Holbrookes Misserfolg wiegt schwer in einer Zeit, wo sich die UNO fünf Jahre nach den Fehlschlägen von Somalia und Ruanda langsam gerade wieder aktivere Rollen in Afrika zutraut. Es dürfte jetzt lange dauern, ehe Holbrooke im UN-Sicherheitsrat enthusiastisch dafür wirbt. In seiner Grundsatzrede zur US-Afrikapolitik, die er am Montag letzter Woche in Südafrika hielt, deutete er das bereits an: „Sicher werden die Aspirationen unserer Administration für Afrika weiterhin größer sein als die Ressourcen, die wir den Problemen des Kontinents widmen können.“