Die UN korrigiert ihren Kurs im Kosovo

■ Sechs Monate nach dem KFOR-Einmarsch vertagt Missionschef Kouchner den Aufbau einer multiethnischen Gesellschaft

Priština (dpa) – Die UN-Mission im Kosovo (Unmik) stuft ihren Kurs in der Provinz sechs Monate nach dem Einmarsch der KFOR wegen der andauernden Gewalt auf ein Nebeneinander der Volksgruppen herab. Missionschef Bernhard Kouchner legte am Montag in Priština eine „Agenda für Koexistenz“ vor, die vorerst eine Abkehr vom Aufbau einer multiethnischen Gesellschaft bedeutet. Zugleich kündigte Kouchner an, das eigene Justizsystem im Kosovo zu stärken und weitere serbische Gesetze durch eigene Verordnungen zu ersetzen.

„Unglücklicherweise sind Versöhnung und der Aufbau einer multiethnischen Gesellschaft heute nicht möglich, sondern müssen auf ein Morgen warten“, sagte Kouchner. Die Agenda sieht einen sicheren Zugang der Minderheiten – vor allem Serben und Roma – zu kommunalen Diensten und öffentlichen Einrichtungen vor.

Kouchner sagte weiter: „Die Intervention der Nato im Kosovo sollte eine Minderheit (die Albaner in Serbien) schützen und die Menschenrechte der Unterdrückten und Verletzbaren schützen. Unsere Anstrengungen, dies auch für die heutigen Minderheiten – insbesondere die Serben – zu machen, sind teilweise gescheitert.“

Die KFOR kündigte an, die Sicherheitslage im Kosovo mit einem schärferen Vorgehen gegen Kriminelle verbessern zu wollen.In einer Halbjahresbilanz sagte der KFOR-Kommandeur General Klaus Reinhardt, mit dem Einsatz gegen Kriminalität sollten auch die Bedingungen für die Minderheiten im Kosovo verbessert werden. „Ich habe meine Kommandeure in den Brigaden angewiesen, die Anstrengungen auf den Kampf gegen Verbrechen zu verlagern, insbesondere schwere Verbrechen und solche, die an Mitgliedern ethnischer Minderheiten begangen werden.“

Die Sicherheitslage im Kosovo habe sich verbessert. Die UN-Polizei und die KFOR wollen gemeinsam verstärkt gegen Kriminalität vorgehen. Reinhardt: „Die Stärkung des Justizsystems wird unsere Fähigkeit verbessern, das Gesetz durchzusetzen.“ Nur die Bevölkerung selbst könne aber Hass und Rache hinter sich lassen.

Reinhard zog insgesamt eine positive Bilanz des sechsmonatigen Einsatzes. Das Abzugsabkommen mit der jugoslawischen Armee sei umgesetzt, 800.000 Flüchtlinge konnten zurückkehren, erklärte er.

Im Kosovo sind seit dem Einmarsch der Friedenstruppe und dem Beginn der UN-Mission mehr als 400 Morde verübt worden. Dem stehen bisher 35 abgeschlossene Gerichtsverfahren gegenüber. Viele der neu ernannten Schnellrichter, die der albanischen Volksgruppe zugehören, hatten sich geweigert, auf Basis serbischer und jugoslawischer Gesetze zu urteilen.