Kult-Videothek kann weitermachen

Drei Wochen nach der Zwangsschließung durch das Kreuzberger Wirtschaftsamt durfte das Videodrom wieder sein exquisites Programm verleihen. Einnahmeverlust noch unklar

Gestern um 15 Uhr war es so weit: Das Videodrom in der Mittenwalder Straße öffnete wieder. Zuvo hatte das Kreuzberger Wirtschaftsamt die Anordnung zur Zwangsschließung zurückgenommen. Drei Wochen lang zierte eine „Amtliche Bekanntmachung“ die Eingangstür der renommierten Videothek, daneben ein rot-weißes Siegel. Die Bezirksbehörde wollte die Betreiber Ines Ruf und Karsten Rodemann daran hindern, ihrem vermeintlich kriminellen Treiben weiterhin nachzugehen: dem Verkauf und Verleih von hauptsächlich englischsprachigen Videos (taz berichtete). Prominente aus dem Filmbereich hatten sich für das Videodrom stark gemacht. Elf Off-Kinos organisierten eine Woche des beschlagnahmten Films.

Kreuzbergs Bürgermeister Franz Schulz (Grüne) verteidigt die Schließung unter Berufung auf die Justiz: „Nach Ansicht der Staatswaltschaft rechtfertigen die dort gefundenen indizierten Filme eine solche Maßnahme. Und durch ein Gericht wurde wurde diese Auffassung bestätigt.“ Insgesamt hatte die Staatsanwaltschaft 666 Filme, Computer mit Kunden- und Unternehmensdaten sowie rund 100 Aktenordner beschlagnahmt .

„Indizierte Filme haben wir lediglich hinter einer Stahltür aufbewahrt“, sagt dazu Thomas Klein, bisher einfacher Angestellter, seit der Durchsuchung aber eine Art Pressesprecher des Videodroms. Auch gegen den Jugendschutz sei nicht verstoßen worden.

Mit dem ihm unterstellten Wirtschaftsamt ist Bürgermeister Schulz nicht ganz zufrieden. Dort werde zu großer Wert „auf die ordnungspolitische Kompetenz der früheren Wirtschaftspolizei gelegt“. Eine „Altlast aus CDU-Zeiten“, wie Schulz meint. Die CDU besetzt seit 1951 das Wirtschaftsressort in Kreuzberg. Erst im Juli wurde der CDU-Mann Wulf-Jürgen Peter wegen Unregelmäßigkeiten bei der Vermietung bezirkseigener Räume abgewählt. Dass auch Wirtschaftsförderung und Dienstleistung zu den Aufgaben des Amtes gehören, müssten die Beamten noch lernen, so Ressortchef Schulz.

Ruf und Rodemann hatten während der Schließung erwogen, in einen anderen Bezirk zu wechseln. Bis das Wirtschaftsamt am Montag zum Gespräch lud und drei Stunden später alles geregelt war: Im Videodrom soll künftig noch stärker auf den Jugendschutz geachtet werden, dafür darf der Betrieb weitergehen.

Von Gewerbeförderung kann dennoch keine Rede sein. Für Betreiberin Ruf ist das Ausmaß des finanziellen Schadens zwar noch nicht übersehbar, „aber von unseren rund zehn Mitarbeitern müssen wir wohl auf jeden Fall welche entlassen“. Dirk Hempel