Scheitern als Erfolg verkauft

■ Im Vermittlungsausschuss kommt keine Einigung über die Gesundheitsreform zu Stande. Übrig bleibt nur ein Rumpfpaket – das die erste Version in einem Punkt sogar verschärft

Berlin (taz) – „Die Gesundheitsreform ist gescheitert“, sagte der CDU-Gesundheitsexperte Hermann Kues nach der entscheidenden Sitzung des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat. „Die Gesundheitsreform ist nicht gescheitert“ widersprach die zuständige Ministerin Andrea Fischer (Grüne).

Die Abgeordneten von CDU/CSU und die Vertreter der unionsregierten Länder hatten nach einer kurzen Diskussion gegen den Entwurf der Bundesregierung gestimmt. Damit ist klar, dass die Kernstücke der Gesundheitsreform keine Chance mehr haben. So wird es weder ein Globalbudget zur Begrenzung der Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung geben, noch eine Positivliste für verschreibungsfähige Medikamente. Auch die Krankenhäuser werden wie bisher von den Ländern finanziert.

Trotz der offensichtlichen Niederlage verkaufte Fischer die Reform als Erfolg: „Im nicht zustimmungspflichtigen Teil sind strukturell wichtige Vorhaben enthalten“, sagte sie. Als Beispiel nannte Fischer die Einführung eines neuen Preissystems in den Krankenhäusern. In Zukunft wird es feste Preise etwa für Blinddarmoperationen geben. Auch Fischers Plan, die Stellung der Hausärzte zu stärken, lässt sich ohne Zustimmung des Bundesrates verwirklichen.

Statt des ursprünglich geplanten Globalbudgets kommen drei Einzelbudgets – eines für Medikamente, eines für Arzthonorare und eines für die Krankenhäuser. Die abgespeckte Version von Andrea Fischers Reform wird wie geplant am 1. Januar in Kraft treten.

In einem zentralen Teil ihres Gesetzes ist Fischer in der entkoppelten Fassung sogar weiter gegangen als in der ursprünglichen. Darin werden die Monopole der kassenärztlichen Vereinigungen aufgeweicht. Sie können sich nicht mehr einmischen, wenn Krankenkassen mit einzelnen Ärzten und Kliniken ein neues Versorgungsnetz vereinbaren. Außerdem haben die Standesorganisationen nichts mehr zu sagen, wenn Kassen und Ärzte gemeinsam einen Modellversuch starten.

Bei der Abstimmung über Andrea Fischers Gesetz zum gesamtdeutschen Risikostrukturausgleich enthielten sich die meisten Unionsvertreter im Vermittlungsausschuss. Das bedeutet, dass es morgen im Bundesrat eine Einigung über die von der Regierung geplanten Hilfen für die verschuldeten ostdeutschen Krankenkassen geben könnte. „Der Strukturausgleich muss kommen“, sagte Thüringens Ministerpräsident Vogel am Rande der Sitzung. Er werde versuchen, noch „einige Verbesserungen“ zu erreichen.Tina Stadlmayer