Vorlauf: Ein mysteriöses Leben
„Alexandra – Legende einer Sängerin“, So., 23 Uhr, N3
Am 31. Juli 1969 kam sie bei einem Autounfall an der Westküste Schleswig-Holsteins ums Leben. Ihr Tod machte einigen Pressewirbel, denn sie war damals eine kleine Berühmtheit, die gebürtige Ostpreußin Doris Treitz. Ihr Künstlername: Alexandra. Eine Sängerin, der die Branche eine große Zukunft als weibliches Pendant zu Udo Jürgens verheißen hatte. Lieder wie „Zigeunerjunge“, „Sehnsucht“ und „Mein Freund der Baum“ waren ihre Hits. Die erste Goldene Schallplatte schaffte sie erst sieben Jahre nach ihrem Sterben.
Alexandra war da längst ein – mehr noch als Janis Joplin vielleicht – Mythos, eine Figur, die mit dunkler Stimme und chansonhaftem Repertoire die bessere Tradition des deutschen Unterhaltungsgewerbes zu verkörpern begann. Marc Boettcher, Berliner Filmemacher, hat über Alexandra schon ein wunderbares Buch geschrieben. Sein Film (und der dazu gehörende, seit zwei Wochen erhältliche Soundtrack) ist noch besser: Er lässt Weggefährten der Sängerin zu Wort kommen, Adamo, ihren zeitweiligen Liebhaber und Manager Hans A. Beierlein, ihren Hauskomponisten Fred Weyrich, ihren Sohn Alexander und einige Verwandte. Die beiden erbschaftsgeilen Schwestern wollten nichts sagen, aber das trägt auch nach dem Ende des Films nur weiter zum Ruhm Alexandras bei.
So hat Boettcher einen der spannendsten Beiträge über eine der wichtigsten Chanteusen der deutschen Nachkriegsära produziert. Er zeigt nicht nur die Sonnentage dieser Frau, die zäh und ehrgeizig wie selten für eine Frau in diesem Geschäft an ihrem eindeutigen Vorsatz arbeitet, zur „Elite des deutschen Musikbusiness“ gehören zu wollen.
Ihr jäher Tod hat Fragen aufgeworfen; Boettcher scheut sich sogar nicht zu spekulieren, ob dunkle, womöglich mafiose Mächte oder geldgierige Angehörige ihren frisch inspizierten Benz manipuliert haben. Insgesamt ein Lehrstück, wie man das Werk einer Schlagersängerin nicht in einem Schlager-Move verwurstet. Jan Feddersen
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