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Notizen aus der PampaDie ersten Frostbeulen

Unfreiwillig exilierte taz-Sportredaktion stählt sich für die freie Wildbahn

Rudi-Dutschke-Haus, Berlin, 12 Uhr 07. Kopfschüttelnd steht der Abowart im 5. Stock; „Nein, es reicht nicht.“ Zu wenig Abonnenten: Die Leibesübungen fallen aus, Heribert kommt. Sofort unterbricht die Chefredaktion die 3. konstituierende Struktursitzung des Tages. Peter Unfried, einst selbst beim Sporte, spricht ein „sozialhygienisches Hausverbot“ aus. „Jagt sie in die Pampa.“

Postwendend werden wir Leibesübungen-Redakteure in den unbezahlten Zwangsurlaub verfrachtet, Praktikant Klaus Linnenbrügger sippenverhaftet vorzeitig in die Bielefelder Heimat landverschickt. Es gilt absolutes Redaktionsverbot, der Rechnerzugang wird gesperrt, die Kantine ist tabu und die taz-Weihnachtsfeier am Abend sowieso. Ausgestattet mit Schlafsack, Biwakzelt, Kochgeschirr, einem Mobiltelefon zur klandestinen Übermittlung dieser Zeilen an verlässliche Maulwürfe in der taz-Technik und den ersten Frostbeulen beginnt der fünftägige Survivaltrip in die unwirtlichen Tundren der Mark Brandenburg.

Eines musste auf Beschluss der eilig einberufenen MitarbeiterInnenversammlung „zur persönlichen Körperertüchtigung und Stärkung der Widerstandskraft“ vorher noch in Berlin erledigt werden: Der Besuch in einem Neuköllner Fitness-Studio. Widerwillig stürzt sich Redakteur Lieske, mit demonstrativ aufgeplustertem Oberkörper, an die „neunschwänzige Rudermaschine“, wie er es nennt. Und zieht und pullt und ächzt. „Dein Quadrizeps“, höhnt Kollege Müllender unter johlendem Gelächter der umstehenden muskelbepackten Pitbull-Herrchenschaft, „dürfte physiologisch eigentlich nicht mal als Bizeps durchgehen. Jämmerlich!“

Im selben Augenblick wird Redakteur Müllender wegen eines plötzlichen Adduktorenkrampfes vom Laufband geschleudert, das er sich eingedenk seiner marathonesken Vergangenheit als vermeintlich harmloses Gerät „zur Auflockerung“ ausgesucht hat. „Wie wäre es mit Däumchendrehen als Aufwärmübung“, spottet Lieske, bevor beide vom obersten Fitnesswächter „wegen Gefährdung der Kundschaft und vor allem ihrer selbst“ vor die Tür gesetzt werden. Der Horrortrip kann beginnen.

-müll/Matti

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