: Das Lächeln des Losers
■ Saisonabschluß : Werder verliert 0:2 gegen die Bayern – und bleibt doch guter Dinge
Am Ende sorgte Fritz von Thurn und Taxis für den Lacher des Abends: Offensichtlich schwerst irritiert vom freundlichen Dauergrinsen des Verlierer-Trainers ließ sich der Premiere-Moderator zu einer echten Liebeserklärung hinreißen. „Wissen Sie was“, sagte er und beugte sich vor in Richtung Thomas Schaaf. „Wissen Sie was, Sie haben ein tolles Lächeln!“ Woraufhin der derart Angebaggerte durchaus einen Moment der Irritation zu überstehen hatte – Heiterkeit derweil bei der kompletten Journalistenriege. Dabei, fürs nächste Mal: Der Trainer hätte gut noch einen humoristischen Extrapunkt einfahren können – doch das nachher.
Tatsächlich: Selten hat man einen Verlierer derart demonstrativ guter Laune gesehen wie Werder-Coach Thomas Schaaf am Freitag Abend. Seine Kicker hatten gerade das Hinrundenfinale gegen die Bayern mit 0:2 vergeigt, doch der Coach stand ganz entspannt Rede und Antwort. Das Ergebnis – Nebensache. Fehleranalyse – zweitrangig. Sie hatten halt nicht so doll gespielt, die paar Chancen nicht genutzt, die man gegen den Tabellenführer aber nutzen muss, der Platz tief, die Saison lang, aber gegen die Bayern ist ein 0:2 auch keine besondere Schande, dass die jetzt mit stolzgeschwellter Herbstmeister-Brust herumlaufen können, während Werder den Sprung nach ganz oben nicht geschafft hat – na und? Denn die Botschaft nach dem letzten Heimspielabend vor der Winterpause war die: „Wir können sehr stolz sein auf diese Vorrunde“, sagte der junge Bremer Coach und machte sich kerzengerade. „Ich glaube, wir haben den Leuten viel Freude bereitet.“
Ein kleiner Moment der Genugtuung auch gegenüber all denjenigen, die bei seinem Amtsantritt die Stirne kraus gezogen hatten. Mindestens das. Mittlerweile allerdings wird die Lobeshymne auf Schaaf nicht mehr nur in Bremen gesungen. „Werder ist wieder eine Spitzenmannschaft“, meinte Bayern-Manager Uli Hoeneß. Sein scheidender Altstar Lothar Matthäus assistierte: „Thomas Schaaf hat hier eine tolle Arbeit geleistet.“ Und Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld war aufgefallen: „Werder hat die meisten Tore in der Liga geschossen“ – ein lobender Seitenblick auf seinen Bremer Kollegen. „Mehr als die Bayern, oder? Kann das sein?“ Es kann.
Dabei bleibt Schaaf über die Winterpause kaum etwas anderes übrig, als auf die Regenerationsfähigkeit seiner Kicker zu hoffen. „Bei einigen blinkt der Akku“, hatte schon in der letzten Woche Keeper Frank Rost bemerkt. Kein Wunder nach 25 Pflichtspielen in der Liga, im DFB-Pokal und beim UEFA-Cup. Dazu kommen noch die Einsätze der zahlreichen Nationalspieler. Kein Wunder also, dass die Bremer Beine auf dem bleischweren Boden gegen die Bayern nicht gar so flink waren. Werder hatte der Abgezocktheit der Effenbergs, Matthäus und Jancker nicht mehr genügend Substanz entgegenzusetzen. Sie sind müde, die Helden des UEFA-Cups. Das war schon beim Last-Minute-Zusammenbruch gegen die Hachinger zu besichtigen, gegen die Bayern konnte man richtig Mitleid haben, wenn sich beispielsweise Torsten Frings immer wieder aus seiner Position in der Abwehr löste und den langen, langen, sehr langen Weg nach vorne antrat. Der Akku blinkt eben.
So bleibt den Bremer Fans die Hoffnung, dass sich ihre Herzenscombo noch bis Dienstag berappelt. Dann nämlich geht's im DFB-Pokal im Ruhrstadion gegen den Zweitligisten aus Bochum. Dann ist Winterpause, Erholung für die müden Knochen fernab vom Wirbel. Und der Trainer kann sich in seinem Wintersport-Urlaubsort (kein Handy-Empfang möglich) in Ruhe überlegen, was er beim nächsten Mal sagt, wenn der adelige Fritz das Baggern anfängt. Das wäre doch schon am Freitag schön gewesen, oder? „Sie haben so ein tolles Lächeln!“ – „Gehn wir zu Dir oder zu mir?“ Jochen Grabler
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