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Not that Young anymore

■ Paul Young? Den kennen Sie nicht mehr? In den 80ern war er Popstar. Für einen Comeback-Versuch trat er jetzt zusammen mit einem Kumpel in Worpswede auf

Er war einer von den humaneren Popstars der 80er! Jetzt findet man zwar die Hits von Paul Young wie „Wherever I lay my hat“ und „Come back and stay“ in vielen schauderhaften „Schmuserock“-CDs, aber damals klang seine Mischung aus Soulballaden und tanzbaren Rhythmen zugleich gefällig und innovativ. Von der Presse wurde der Musiker aus Luton bei London nach Tom Jones und Joe Cocker als der nächste „weiße Sänger mit der schwarzen Stimme“ gefeiert, und dann hörte man lange nichts mehr von ihm. Vor zwei Jahren versuchte Paul Young mit einer neuen CD ein Comeback, und deren Promotion hat ihn jetzt in die norddeutsche Provinz geführt.

Die Musik Hall war gut, aber nicht ganz gefüllt, und nachdem eine nette junge Kölnerin mit dem Namen Christina Lux einige eigene Lieder in Englisch zur Gitarre sang, bestieg Paul Young die Bühne zusammen mit seinem alten Kumpel Matt Irving, der Gitarren, Piano und Akkordeon spielte, und bei einigen Songs die vorproduzierten Drum-Loops einspielte. Paul Young trat also nicht gerade unplugged, aber mit einer extremen Sparbesetzung auf. Dies ging zwar zwangsläufig auf Kosten des Sounds, der oft ziemlich zusammengebastelt und matschig klang. Dennoch waren die beiden Mittvierziger auf der Bühne ein schönes Paar, bei dem man sofort spürte, wieviel Spaß ihnen das Tingeln zusammen machte.

Aufmerksame Kritiker hatten schon in seinen Glanzzeiten bemerkt, dass Paul Young oft über seine Verhältnisse sang, also in Tonlagen, die er ohne eine geschulte Singstimme nur mit großen Anstrengungen erreichen konnte. Jetzt verhob er sich oft schwer bei den Höhen, und leider war er nicht so smart, einfach die alten Songs seinen jetzigen stimmlichen Leistungen gemäß umzuarrangieren. So kratzte er bei Songs wie „Every-thing must change“ offenhörlich schlimm an seinen Stimmbändern herum, und wirkte dabei zwar immer sympathisch, aber oft auch nicht ganz auf der Höhe seiner Kunst.

Dazu kam, dass sein neues Repertoire wohl nicht so prägnant und zugkräftig war, dass Young seinen Auftritt darauf aufbauen konnte. Nur zwei oder drei Songs des Konzerts waren wirklich neu, und dazu versuchte Young dann ein wenig hiervon und ein wenig davon: eine kurze Tex-Mex-Einlage mit Ackordeon und Tequila, die halbherzig modernisierte Coverversion eines alten Frank Sinatra-Klassikers, ein alter Schlager aus den 60ern von Jimmy Webb. Und dann natürlich seine Greatest Hits, bei denen ihm das Publikum natürlich an den Lippen hing, für die er aber (ehrlich gesagt) nach all den Jahren nicht nach Worpswede hätte kommen brauchen. Ein eher durchwachsener Auftritt also, aber so richtig enttäuscht war kaum jemand in der Music-Hall, denn Paul Young ist immer noch solch ein netter Sunnyboy, dass man ihm auch noch viel gröbere Schnitzer gerne verziehen hätte. Wilfried Hippen

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