Falsche Gleichung

betr.: „Noch im Nachhinein erschrocken“ von Martin Jander, taz (Politisches Buch) vom 14. 12. 99

Ja, nun haben wir es noch einmal schriftlich, was wir schon lange wussten, dass nämlich die DDR, genauer die Stasi bis 1989 versucht hat, westdeutsche linke Organisationen zu unterwandern. [...]

Dass Hubertus Knabe das alles noch mal quellenmäßig untersucht hat, mag eine anerkennenswerte Fleißarbeit sein, eine wissenschaftliche oder politische Sensation ist es eigentlich nicht, wenn nicht Konservative ihre alte, aber damit nicht richtige These von der Unterwanderung „der Linken“ durch „den Osten“ damit erneut belegt glaubten. Dahinter steckt die falsche Gleichung Links = DKP = DDR. Ja, so hätten sie es gerne, stimmt aber nicht, überhaupt nicht. Wenn die Zersplitterung der Linken nach 1969 ein Gutes hatte, dann die Tatsache, dass der DKP und ihren Verbündeten das Feld nicht überlassen blieb. Neben den anderen K-Gruppen gab es nämlich eine ganze Reihe unabhängiger linker sozialer und politischer Bewegungen, die von der DKP als „Sektierer“ und „kleinbürgerlich“ bekämpft wurden. Dass sie ihre Spitzel – offen oder versteckt – in diesen Bewegungen hatte, wurde allgemein angenommen. Wie schwer die Stasi es hatte, diese Bewegungen zu unterwandern und „auf Linie zu bringen“, belegt Hubertus Knabe anschaulich selber am Beispiel der Friedensbewegung.

Schlimm ist nicht die Tatsache, dass ein Historiker Quellen studiert und seine Erkenntnisse publiziert, auch wenn dieses Studium nur Altbekanntes zutage fördert. Schlimm ist, dass er sich von den Konservativen – von der Adenauerstiftung in Bremen bis zur CSU im Bayerischen Landtag – für ihre falsche These von der Identität von links und der DDR benutzen lässt. Und schlimm ist vor allem, dass die taz auch noch titelt „Für die westdeutsche Linke niederschmetternde Befunde“. Wer die westdeutsche Linke in der Zeit zwischen 1969 und 1989 kennen gelernt oder studiert hat, weiß, wie falsch diese These ist. Sie rechtfertigt im Nachhinein den alten Spruch „Geht doch rüber, wenn es euch hier nicht passt“. Jürgen Fiege, Bremen

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