DVU will bei politischer Bildung mitreden

Brandenburgs Landeszentrale für politische Bildung steht vor einem Neuanfang – möglicherweise auch mit DVU-Beteiligung

Selbst wenn die DVU keinen Sitz im Beirat erhalten sollte, bleibt in der Landeszentrale kaum etwas so, wie es war

Potsdam (taz) – Neuer Status, neuer Chef, neuer Kurs – nach den Parlamentswahlen in Brandenburg bleibt die Landeszentrale für politische Bildung vom veränderten Kräfteverhältnis im Land nicht verschont. Die CDU, zum Koalitionspartner aufgestiegen, fordert ein gänzlich neues Profil, und auch die DVU meldet Ambitionen an. Ihr Ziel: Programme gegen Rechtsextremismus sollen gestrichen und „die Auseinandersetzung mit der Gewalt von links“ begonnen werden. Die Beteiligung an der Landeszentrale ist der Rechtsaußen-Partei wichtig. Laut Fraktionssprecher Günther Schwemmer würde man dafür sogar auf „Maximalforderungen, die eine Mitwirkung unmöglich machen“, verzichten.

Bisher saßen in Brandenburg alle im Parlament vertretenen Parteien im Beirat der Landeszentrale. Sven Petke, innenpolitischer Sprecher der CDU, will weiter so verfahren: „Man kann der DVU das Mitreden nicht verbieten.“ Da die ersten Wochen im Landtag bewiesen hätten, dass „diese Partei es nicht schafft, inhaltlich irgendeinen Beitrag zu leisten“, sehe er das sehr gelassen.

Die PDS hält nichts davon, auf die Überforderung der DVU-Abgeordneten zu hoffen. Michael Schumann, PDS-Vertreter im Beirat der Landeszentrale, erklärt: „Eine Partei, die offen rassistische Hetze betreibt, wie es die DVU in ihrem Ausländer-raus-Wahlkampf gemacht hat, darf keine Hoheit über politische Bildung bekommen.“ Für Brandenburg wäre das ein fatales Signal. Die SPD tendiert in dem Punkt zur PDS-Position und will das Gremium DVU-frei halten.

Aber auch ohne die Rechtspopulisten dürfte in der Landeszentrale kaum etwas bleiben, wie es war. Bisher der Staatskanzlei zugeordnet, gehört sie neuerdings zum SPD-geführten Bildungsministerium. Damit wird der Landeszentrale fast automatisch ein Schulbank-Image verpasst. All die Jahre hat sie dagegen tapfer mit ihrem bunten Programm aus Vorträgen, Lesungen, Ausstellungen und Internet-Angeboten angekämpft. „Wir haben uns immer als Podium für den mündigen Bürger verstanden“, sagt Hans Misselwitz, der langjährige Chef des Hauses.

Ende Oktober hat er die Landeszentrale Richtung Referentenstelle bei Bundestagspräsident Thierse verlassen. Nicht zuletzt auch, weil der Ex-Bürgerrechtler sein eigenes Konzept nicht selbst beerdigen wollte. Seine Vision war „ein einheimisch geprägtes Netzwerk demokratischer Initiativen“. Gefördert wurden daher nicht nur West-Klassiker in Sachen Bildungsarbeit wie Kirchen, Gewerkschaften und Stiftungen, sondern vor allem örtliche Anbieter wie Kultur-, Geschichts- oder Heimatvereine. – „Das ist ja alles gut und schön“, meint CDU-Mann Petke, „doch für eine Landeszentrale zu beliebig.“

Petke fordert die direkte Wissensvermittlung als künftigen Schwerpunkt: „Es geht darum zu erklären, wie Demokratie funktioniert, denn da gibt es noch große Defizite. Das ist der Auftrag der Landeszentrale, dafür wird sie mit öffentlichen Mitteln gefördert.“ Petke denkt an Multiplikatoren wie Lehrer, Polizisten oder Sozialarbeiter.

Für die Landeszentrale wäre das ein völlig neues Selbstverständnis: „Wir haben uns bisher gerade nicht als politische Erziehungsanstalt und erst recht nicht als Weiterbildungseinrichtung für den öffentlichen Dienst verstanden“, meint Dr. Bärbel Möller, zuständig für Politikvermittlung. Sie hofft, dass die SPD den Kurswechsel nicht ohne weiteres mitmacht. Wolfgang Klein, Fraktionsexperte für politische Bildung, nennt den CDU-Vorstoß eine „Einzelmeinung“.

Doch bei den Stolpe-Genossen herrscht alles andere als Einigkeit. Das Bildungsministerium will den pädagogischen Ansatz unbedingt unterstützen. Sprecher Martin Gorholt: „So katastrophal schlecht, wie die Wahlbeteiligung in Brandenburg war, müssen hier offenbar demokratische Grundprinzipien erstmal richtig klar gemacht werden.“ Manuela Thieme