Die CSU geht in Deckung

Die sonst so lautstarken Bayern schweigen zur Spendenaffäre der CDU. Die Christsozialen haben genug mit den eigenen Geldproblemen und Skandalen zu tun ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg (taz) – Während Ex-Bundeskanzler Kohl sich und seine Christenunion mehr und mehr in die Bredouille bringt und Partei- und Fraktionschef Schäuble zunehmend hilflos „schonungslose Aufklärung“ fordert, hält sich die CSU merkwürdig bedeckt. Hatte man zu Kohls Kanzlerzeiten keine Chance ausgelassen, sich gegen die Schwesterpartei zu profilieren, und nach dem Regierungswechsel lautstark den Führungsanspruch im Unionslager für sich beansprucht, regieren nun in der Münchner Parteizentrale ungewohnt leise Töne, was die Spendenaffäre der CDU betrifft.

Wie das Kaninchen vor der Schlange erstarrt die CSU vor den täglich neuen Enthüllungen – die Angst, noch mehr Spender zu verlieren und selbst in den Skandal hineingezogen zu werden, lähmt die Christsozialen. Nur der Fraktionschef in Bayerischen Landtag, Alois Glück, warnt ab und an vor „pauschalen Verunglimpfungen“ von Politikern: dies spiele nur den „Radikalen und Demokratiefeinden“ in die Hände. Generalsekretär Thomas Goppel beschimpft mal kurz den grünen Bundestagsabgeordneten Ströbele, der als „verurteilter Terroristenanwalt“ kein Recht habe, sich gegenüber Kohl „als Richter aufzuspielen“. Das war's dann aber auch schon.

Dabei hat die CSU selbst ein Problem mit Parteispenden und dubiosen Finanztransaktionen: Die Partei ist verschuldet und hat mit einem rapiden Rückgang von Spenden zu kämpfen. Zwar konnte die CSU den in den letzten Jahren aufgelaufenen Schuldenberg von 27 Millionen Mark durch den Verkauf von 105 Mietwohnungen vollständig abtragen, doch die Partei plagt ein strukturelles Defizit vom mehreren Millionen Mark pro Jahr. Mit einem jährlichen Minus von vier Millionen Mark trägt das Parteiorgan Bayernkurier den größten Anteil dazu bei.

Auch die aufgeblähte Parteizentrale und die schlechte Zahlungsmoral der eigenen Parteifreunde schlagen den CSU-Kassenwarten auf den Magen. Die wenigsten der 183.000 Mitglieder berappen den monatlichen Mindestbeitrag von sechs Mark. Der durchschnittliche Christsoziale zahlt nur 4,50 Mark. Allein eine Million Mark mehr käme in die Kasse, rechnet Goppel vor, würden sich die Mitglieder einigermaßen ehrlich selbst einschätzen und Beiträge in korrekter Höhe zahlen.

So bleibt Goppel nichts anderes übrig, als durch alle CSU-Kreisverbände zu tingeln und dort Mitglieder-Werbekampagnen anzumahnen. Durchaus mit Erfolg: 7.300 neue Parteimitglieder konnten im Jahr 1999 gewonnen werden. „Die CSU ist damit die einzige Partei in Deutschland, deren Mitgliederentwicklung ein positives Saldo aufweist“, betont Parteichef Stoiber stolz. Doch das sind alles nur Peanuts, angesichts der sinkenden Gaben aus der Wirtschaft. Seit die CSU nicht mehr der Bundesregierung angehöre, seien die Spenden deutlich geschrumpft, vermerkt Goppel verschnupft. Zuletzt hatte die Münchner Parteizentrale Bittbriefe an alle potenziellen Geldgeber verschickt. Peinlich nur, dass „aus Versehen“ auch der mit Haftbefehl gesuchte, nach Kanada geflüchtete Waffenhändler Karlheinz Schreiber darunter war. Eben jener Schreiber, der der CSU und der Bayerischen Staatskanzlei einen Rachefeldzug androhte. Der ehemalige Intimus des langjährigen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Franz Josef Strauß kündigte an, im Falle einer Auslieferung auszupacken. „Dann rollen die Köpfe, das Maß ist voll, the war is on“, tönte er aus Toronto.

Die CSU hat allen Grund, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Vor allem Strauß-Sohn Max (Tarnname in Schreibers Unterlagen: „Maxwell“) und seine Schwester, die bayerische Kultusministerin Monika Hohlmeier, sind in Provisionsverteilungen verwickelt. Ebenso der frühere CSU-Wirtschaftsstaatssekretär Erich Riedl.

Die zentrale Figur beim Verkauf der ostdeutschen Raffinerie Leuna an den französischen Ölkonzern Elf Aquitaine, der saarländische Geschäftsmann und Strauß-Spezi Dieter Holzer, ist mit dem bayerischen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu geschäftlich per Du. Und Ludwig-Holger Pfahls, ehemaliger Büroleiter von Strauß, dann Verfassungsschutz-Präsident und schließlich Staatssekretär im Verteidigungsministerium, ist tief in die Lieferung von 36 Panzern nach Saudi-Arabien und Schmiergeldzahlungen verwickelt.

Während Pfahls noch in Südostasien untergetaucht ist und mit internationalem Haftbefehl gesucht wird, ist ein anderer Alt-Amigo wieder aufgetaucht: Eduard Zwick. Hatte die CSU gedacht, sie sei endlich aus den Schlagzeilen um die unrühmliche Niederschlagung von 63 Millionen Mark Steuerschulden des niederbayerischen Bäderunternehmers heraus, steckt sie mit der Anklage gegen den bayerischen Finanzminister Gerold Tandler plötzlich wieder mittendrin. Der ehemalige CSU-Vize soll, so die Staatsanwaltschaft Landshut, vor Gericht über seine Transaktionen mit Zwick falsche Angaben gemacht und Abgaben in Höhe von zwei Millionen Mark hinterzogen haben.

Tandler ist nicht das einzige Sorgenkind, das der selbsternannte Saubermann Stoiber ins nächste Jahr mit hinübernimmt. Der Untersuchungsausschuss über die dreistelligen Millionenverluste der Landeswohnungs- und Städtebaugesellschaft (LWS) steht ebenfalls an. Kein Grund also für die CSU und Stoiber, sich allzu weit aus dem Fenster zu lehnen.