Patente auf Pflanzen doch erlaubt

Münchener Patentschützer fällten Grundsatzentscheidung

Berlin (taz) – Jetzt ist auch das letzte Hindernis für Pflanzenpatente ausgeräumt. Die Große Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes entschied gestern, dass es grundsätzlich erlaubt sei, Patente auf Pflanzen zu erteilen. Bisher war es umstritten, ob dies nach dem Europäischen Patenübereinkommen überhaupt erlaubt sei.

Kritiker der Münchener Patentschützer hatten sich bisher unter anderem auf den Artikel 53 des Übereinkommens berufen, denn dort heißt es eindeutig, es sei nicht zulässig, für „Tierarten“ und Pflanzensorten“ Patente zu vergeben. Mit juristischen Kniffen hatten die Patentanmelder in der Vergangenheit versucht, diese Regelung zu umgehen. So sollte das erste Patent für ein Tier, die berühmt gewordene Krebsmaus, nicht nur die Tierart Maus umfassen, sondern gleich alle „nichthumanen Säugetiere“. Mit ähnlichen Anträgen versuchte auch Novartis das Patentierungsverbot für Pflanzensorten zu umgehen. Doch das EPA verweigerte mit dem Hinweis auf Artikel 53 das Patent.

Diese Entscheidung hob die Beschwerdekammer jetzt auf. Für sie ist die Vergabe eines Patentes auch dann möglich, wenn der Antrag keine konkrete Pflanzensorte identifiziert, aber möglicherweise eine ganze Palette an Sorten umfasst. Die Novartis-Entscheidung hat für die Vergabepraxis des EPA eine grundsätzliche Bedeutung. Seit längerem schon liegen zahlreiche Anträge auf Pflanzenpatente auf Eis. Jetzt können die Münchener Patentschützer die von der Gen-Tech-Industrie seit langem geforderten Patente erteilen.

Im Sommer dieses Jahres erst hatte der Verwaltungsrat des EPA hinter verschlossenen Türen beschlossen, dass ab dem 1. September die Patenterteilungen nach den Kriterien der EU-Richtlinie über biotechnologische Erfindungen erfolgen sollte. Die 1998 verabschiedete Richtlinie sieht vor, dass auch Pflanzen und Tiere patentfähig sind. Die Absichtserklärung der Verwaltungsbeamten hätte aber noch von der Beschwerdekammer mit zurückgewiesen werden können. Das war nicht der Fall. Jetzt kann nur noch ein Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof das EPA zur Einhaltung des Patentübereinkommens zwingen. Zwar hatte die Justizministerin Herta Däubler-Gmelin Anfang des Monats angekündigt, gegen das eigenmächtige Vorgehen der Patentbeamten anzugehen. Doch ob es dazu kommt, ist fraglich. Wolfgang Löhr