Kumaratunga bleibt Sri Lankas Präsidentin

Sympathiewelle nach Mordversuch verhilft Kumaratunga zu zweiter Amtszeit

Colombo (taz) – Sri Lankas Präsidentin Chandrika Kumaratunga ist mit absoluter Mehrheit wieder gewählt worden. Nach dem gestern veröffentlichten Ergebnis stimmten 51 Prozent der 12 Millionen Wähler am Dienstag für sie, 11 Prozent weniger als bei den letzten Wahlen 1994.Der Oppositionskandidat Ranil Wickremasinghe erzielte knapp 43 Prozent. Weitere elf Kandidaten waren weit abgeschlagen. Die Beteiligung war mit 73Prozent recht hoch. Nur in den mehrheitlich tamilischen Provinzen, wo die LTTE-Rebellen stark sind, ging bloß ein Drittel der Wähler an die Urnen, und nur hier lag die Präsidentin hinter ihrem Gegner.

Am Wahltag hatte es zahlreiche Zwischenfälle gegeben, die unabhängige Beobachter meist der regierenden Volksallianz zuschreiben. In drei Zusammenstößen mit der Polizei wurden fünf ihrer Anhänger getötet. Einige Wahllokale wurden besetzt, um vorgedruckte Wahlzettel in die Urnen zu stopfen. Außer der Allianz protestierten alle Parteien bei der Wahlkommission. Doch selbst nach Ansicht der Opposition beeinflussten die Fälschungen das Resultat nicht wesentlich. Entscheidend waren vielmehr die Sympathien für die Präsidentin, nachdem sie am vergangenen Samstag knapp einem Attentat der LTTE entgangen war. Dabei war Kumaratunga im Gesicht verletzt worden. Noch immer sitzt ein Metallsplitter in ihrer Schädeldecke. Die sofort nach Bekanntgabe der endgültigen Wahlergebnisse durchgeführte Vereidigung fand deshalb in ihrer Residenz „Temple Trees“ statt. In einer emotionalen Rede sagte sie, dass der Anschlag ihren Willen zum Frieden noch gefestigt habe. Die abergläubische Kumaratunga sieht ihr Überleben als Fingerzeig des Schicksals: „Ich bin die einzige politische Persönlichkeit, gegen die ein LTTE-Mordanschlag fehlgeschlagen ist ... Deshalb werde ich auch jene Persönlichkeit sein, gegen die das Terror-Unternehmen LTTE versagen wird.“

Die LTTE hatte sich mit dem Mordanschlag in den Wahlkampf eingeschaltet, nachdem sie der Armee bereits im November eine empfindliche Niederlage beigebracht hatte. LTTE-Führer Prabhakaran hatte die Tamilen auch ziemlich offen aufgefordert, für den oppositionellen Wickremasinghe zu stimmen.

Der erfolglose Mordanschlag sicherte Kumaratunga nicht nur den Sieg, sondern gibt ihr auch eine Autorität, die sie mit allen Mitteln für die Wiederherstellung des Friedens im Land einsetzen will. Es entspricht allerdings ihrem kämpferischen Temperament, dass sie zur Friedenssuche weiterhin militärische Mittel einzusetzen bereit ist. „Schaut meine Wunden an“, sagte sie in Anspielung auf ihr verbundenes Gesicht. „Dies sind nicht die Wunden der noblen Suche nach Selbstbestimmung. Es sind die Wunden des Hasses, und jene, die solche Wunden schlagen, dürfen nicht länger ungestraft davonkommen“.

Die 54-jährige Präsidentin, die nun ihr neues sechsjähriges Mandat aufnimmt, sagte nicht, wie sie die Lösung des 17-jährigen ethnischen Konflikts angehen will. Bisher scheiterte ihre Politik, die tamilischen Rebellen vor Verhandlungen militärisch in die Knie zu zwingen. In Colombo ist man sich einig, dass die Armee den Konflikt nicht militärisch gewinnen kann. Zumindest kann die Präsidentin nun aber versuchen, innerhalb des Parlaments einen Konsens herzustellen, ohne den bisher jede Lösung im Sinne größerer Autonomie für die Tamilen scheiterte.

Ihre politischen Gegner werfen Kumaratunga Arroganz vor. Ihre Dialogangebote an die Opposition, die jede Verfassungsänderung blockiert, sind gefärbt von persönlichen Animositäten. In ihrer Rede nach der Vereidigung streckte sie nun erstmals dem Verlierer Wickremasinghe ohne Wenn und Aber ihre Hand aus. Der Angesprochene, noch unter dem Schock der unerwarteten Niederlage, wollte aber nicht sagen, ob er sie ergreifen wird. Bernard Imhasly