Büdelsdorf zahlt!
: „Wir sind verpflichtet“

taz: Herr Bürgermeister, warum zahlt Büdelsdorf in den Entschädigungsfonds ein? Ihre Gemeinde hat doch keine Zwangsarbeiter beschäftigt.

Herbert Schütt: Eine private Eisengießerei hat hier 1.000 Zwangsarbeiter aus Osteuropa, Holland, Belgien und Frankreich beschäftigt. Der Betrieb existiert nicht mehr. Wir stoßen aber immer wieder auf Spuren der Zwangsarbeiter. Durch die Steuereinnahmen hat sicherlich auch die Gemeinde von ihnen profitiert. Wir sahen uns daher moralisch verpflichtet.

Der Deutsche Städtetag hält sich in Sachen Entschädigung bisher bedeckt. Er verweist auf den Bund als Rechtsnachfolger des Deutschen Reiches.

Wir verstehen vollkommen, dass der Deutsche Städtetag angesichts der desolaten Finanzlage fast aller deutschen Gemeinden diesen Rechtsstandpunkt einnimmt. Doch wir wollen nicht über Rechtsfragen streiten. Ab 1. Januar ist Büdelsdorf als Stadt anerkannt. Aus diesem Anlass schien es uns angemessen, das moralische Unrecht der Vergangenheit zumindest in ganz geringem Maße wiedergutzumachen.

Bund und Wirtschaft halten angestrengt nach Geldern für den Fonds Ausschau. Wie finanzieren Sie Ihren Beitrag?

Wir können nur eine symbolische Summe von 25.000 Mark zahlen. Da wir im Augenblick eine steigende Steuerentwicklung haben, können wir das Geld erübrigen.

Haben Sie Kontakt zu ehemaligen Zwangsarbeitern?

Wir sind nicht in der Lage, die Anschriften der noch lebenden Zwangsarbeiter herauszufinden und individuell zu entschädigen. Die alten Unterlagen liegen uns aber noch vor. Daher konnten wir in den letzten Jahren auch sehr vielen Zwangsarbeitern bescheinigen, dass sie hier im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf waren.

Wann wird Ihre 10.000-Einwohner-Gemeinde die Zusage einlösen?

Wir klären gerade die technischen Fragen. Sobald uns die Stiftungsinitiative die Kontonummer nennt, überweisen wir den Betrag. Wir hoffen, dass weitere Firmen sich dem anschliessen.Interview: Nicole Maschler