DDR-Sportfunktionäre wegen Dopings verurteilt

Richter sprechen Chef-Trainer der DDR-Schwimmer der Körperverletzung schuldig

Berlin (rtr/taz) – Wegen Dopings von Leistungssportlerinnen hat das Berliner Landgericht einen früheren Spitzenfunktionär des DDR-Schwimmsports und zwei Cheftrainer gestern zu Bewährungsstrafen von jeweils einem Jahr verurteilt.

Der ehemalige Generalsekretär des Deutschen Schwimmsportverbandes (DSSV), Egon Müller, und seine Mitangeklagten Wolfgang Richter und Jürgen Tanneberger müssen zudem 5.000 Mark Geldstrafe zahlen. Auch die Verteidigung hatte Bewährungsstrafen gefordert.

Die Richter sprachen sie der Körperverletzung schuldig. Sie sahen es als erwiesen an, dass die drei Angeklagten den Schwimmerinnen zwischen 1975 und 1989 systematisch Mittel zum Muskelaufbau verabreicht haben. Damit hätten die Angeklagten in massiver Weise auf die Gesundheit junger Menschen eingewirkt und nahezu unabsehbare Langzeitfolgen in Kauf genommen. Die Vergabe von Anabolika insbesondere an Kinder könne nicht anders als kriminell bezeichnet werden, sagte der Vorsitzende Richter Peter Faust. Müller und die beiden Cheftrainer des DSSV hätten den Dopingplan für die Sportlerinnen ausgearbeitet.

Es war das erste Verfahren gegen hohe Funktionäre des DDR-Schwimmsports. Siebzehn der insgesamt siebzig gedopten Schwimmerinnen hatten Strafantrag gestellt. Sie waren weder über die Anabolikapraxis noch über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt worden.

In der Verhandlung hatte nur der frühere Trainer Tanneberger Reue gezeigt. Sollten Sportlerinnen durch das Doping zu Schaden gekommen sein, tue ihm das Leid.

Bereits im vergangenen Jahr standen mehrere DDR-Sportfunktionäre wegen Dopingverdachts in Berlin vor Gericht. Am 12. Januar muss sich der frühere Arzt des Schwimmverbandes Lothar Tippke für die Dopingpraxis verantworten. Eine Klage gegen den früheren Präsidenten des Deutschen Turn- und Sportbundes ist noch nicht zugelassen. nm