Der enteignete Graf und die Bäckerin

Ein durchaus ansehnlicher Liebesfilm, durchaus auch für jüngere romantische Seelen: „Das Schloss meines Vaters“ (20.15 Uhr, ZDF)

Der Heimatfilm hat ein neues Thema gefunden: Rückübertragung! Denn das Schloss der Grafen von Stenhagen liegt in Mecklenburg-Vorpommern, gehört der Dorf-Kommune und dient dem verarmten Gemeinwesen als provisorisches Kinderheim. Ansonsten bleibt hier genremäßig aber alles beim Alten: Im Zentrum der Handlung von „Das Schloss meines Vaters“ stehen die traditionsreichen Fragen, welche geheime Macht die Heimat auf uns ausübt, für wen ein verliebtes Herz schlägt und ob kleinbürgerliche Bäckerinnen enteignete Grafen heiraten dürfen.

Freilich hat Charlotte Drews-Bernstein ihr Drehbuch behutsam den neuen Zeiten angepasst. Der Junker von einst ist jetzt weit gereister Diplomingenieur. Dennoch bleibt Max (Heikko Deutschmann) auf der Landstraße hilflos mit seinem Leihwagen liegen. Die patente Bäckerin des Dorfes (Julia Jäger) versteht sich dagegen durchaus darauf, Autos zu reparieren, und flüstert ihrem Grafen sehr viel später selbstbewusst ins Ohr: „Ich will mit dir schlafen.“ – „Nicht für eine Nacht“, wehrt da der edle Max ab. Adel verpflichtet eben, selbst wenn der Spross gar nicht in einem Schloss aufgewachsen ist.

Politisch völlig korrekt werden auch die moralisch nur schwer überschaubaren Verhältnisse wiedergegeben, die durch Enteignung, Rückübertragung und wirtschaftliche Nachwende-Agonie entstehen. Gehören die sanften mecklenburgischen Hügel nun dem alten Adelsgeschlecht? Oder den sie hegenden und pflegenden Bauern? Oder doch der Kommune, immerhin Rechtsnachfolger der ehemaligen LPGs? Auf diesem Hintergrund muss der herumstreunende Graf Max ein emotionales Verhältnis zu seinen familiären Wurzeln finden, und nicht nur die schöne Bäckerin, auch die schmeichelhaft schönen Landschaftsbilder von Regisseurin Karola Hattop sprechen zu ihm mit deutlicher Sprache.

Es ist dem ZDF zu Gute zu halten, dass man sich angesichts der zu betreuenden Kernzielgruppe der Überfünfzigjährigen dennoch um die Modernisierung des klassischen Genres Heimatfilm verdient macht. Mit „Das Schloss meines Vaters“ wird nicht nur die Erwartungen des Silbersees befriedigen. Die bis in die Nebenrollen hervorragend spielenden Darsteller, der schöne Erzählrhythmus und die gemäßigte Modernität haben einen durchaus ansehnlichen Liebesfilm auch für jüngere romantische Seelen entstehen lassen. Linke Revoluzzer werden es dennoch nur schrecklich finden. Klaudia Brunst