Mehr Schutz gegen Verfassungsschutz

Karlsruher Richter erleichtern Kontrolle von Geheimdienst-Auskünften. Zumindest Gerichte erhalten künftig Akteneinsicht

Freiburg (taz) – Das Bundesverfassungsgericht hat die gerichtliche Kontrolle gegenüber dem Verfassungsschutz verbessert. Wenn es um die Offenlegung von Geheimdienst-Informationen geht, muss zumindest das zuständige Gericht die Unterlagen einsehen können. Dies geht aus einer Entscheidung des 1. Senats hervor, die gestern in Karlsruhe bekannt gemacht wurde.

Der zu Grunde liegende Fall hat etwas Kafkaeskes an sich. Der Kläger wollte in Bayern Geschäftsführer einer Institution des öffentlichen Beschaffungswesens werden. Doch nach einer Sicherheitsüberprüfung durch den Verfassungsschutz hieß es, der Kaufmann sei für die Position, bei der er auch mit Aufträgen der Bundeswehr befasst gewesen wäre, ungeeignet. Der Mann kündigte daraufhin sein Arbeitsverhältnis freiwillig, um Nachteile bei späteren Bewerbungen zu vermeiden. Da er aber auch die überstürzte Kündigung nicht plausibel erklären konnte, fand er keine adäquate Anstellung mehr.

Nun wollte er vom Verfassungsschutz wissen, was eigentlich gegen ihn vorliege. Doch dort hieß es nur, eine Auskunft würde „die ordnungsgemäße Erfüllung der Behörde beeinträchtigen“. Auch gegenüber den eingeschalteten Gerichten gab der Geheimdienst kaum mehr Informationen preis. Vage wurde auf einen „Charakterzug“ verwiesen, der dazu führen könne, dass der Kaufmann „Opfer einer nachrichtendienstlichen Verstrickung“ werden könnte. Was genau damit gemeint war – Alkoholismus, Homosexualität –, blieb sowohl den Gerichten wie auch dem Kläger verborgen.

Mit einer Verfassungsbeschwerde hatte der Mann jetzt aber Erfolg. Zumindest dem prüfenden Verwaltungsgericht muss der bayerische Verfassungsschutz die Akten herausgeben. Doch auch künftig wird es in solchen Fällen keine unbeschränkte Öffentlichkeit geben. Nur die zuständige Kammer des Gerichts kann die Akten einsehen und sich dann eine Meinung bilden. Ist auch sie der Auffassung, dass es im Staatsinteresse liegt, den Vorgang geheim zu halten, dann wird der Kläger nie erfahren, welche „Charakterzüge“ ihm der Verfassungsschutz unterstellt. Wenn aber das Gericht kein Geheimhaltungsbedürfnis erkennen kann, dann würde dem Antrag auf Offenlegung stattgegeben.

Um den gerichtlichen Rechtsschutz in solchen Fällen generell zu verbessern, wurde der Bundestag beauftragt, bis Ende 2001 eine Neuregelung der Verwaltungsgerichtsordnung vorzunehmen. Bis dahin gilt aber bereits das neue Rechtsschutzverfahren (Az.: 1 BvR 385/90). Christian Rath