Vernaschung legasthenischer Girlies mit Zöpfen

Mit „Frauen lügen besser“ zeigt das ZDF eine selten dämliche Story (20.15 Uhr, ZDF)

Jetzt haben die Frauen die Nase voll und schlagen zurück. Henriette, eben entlassene Redakteurin einer Frauen-Gazette, schreibt im Auftrag ihrer Nichte Anna einen Schnulzenroman: „Traumfrau trifft Supermann“. Anna ist Lektorin eines Verlages, der den Beststeller herausbringt. Als Frontgirl posiert Sigi, eine Saftmixerin von der Vitamintheke im Kaufhaus, die von der Regenbogenpresse als Klosterschülerin mit Bordell-Erfahrung gehypt wird.

Eine „Mediensatire“ hatte Regisseurin Vivian Naefe mit ihrer Adaption des gleichnamigen Annemarie-Schoenle-Romans „Frauen lügen besser“ im Sinn. Der Film erweckt eher den Eindruck, als hätte sie den „Ursprung des deutschen Trauerspiels“ verfilmt. Die klamottenhafte Komödie spielt im Verlagsmilieu. Aber keine einzige Figur in diesem Film erweckt den Eindruck, als hätte sie zu Hause mehr stehen als ein „Billy“-Regal mit J. D. Salingers „Der Fänger im Roggen“... Richy Müller ist zwar meistens eine gern gesehene Erscheinung. Doch als nachdenklicher Leser der „Kritik der reinen Vernunft“, der nebenher aus Überzeugung legasthenische Girlies mit Zöpfen vernascht, ist er nicht die optimale Besetzung des Lektors Thomas.

Der Film krankt vor allem an seiner dämlichen Story. Zwei Frauen sind in den gleichen Typen verliebt. Die Lektorin Anna inszeniert den Liebesromanskandal, um Thomas zu beeindrucken. Das Girlie Sigi will aber, dass der Schwindel nicht aufgedeckt wird. Sie fühlt sich in der Rolle der Fake-Autorin wohl, weil sie von dem Kant-Leser Thomas plötzlich beachtet wird. Also halten die Frauen Kriegsrat und kommen zu dem Schluss: „Hier geht es um Gefühle, nicht um Ideale“. Im Presseheft steht, Sigi sei „von emotionaler Intelligenz“. Das sind genau diese hohlen Liebesromanfloskeln, die man in Frauenzeitschriften zwischen Horoskop und Frisurentipps liest und die der Film ja eigentlich auf die Schippe zu nehmen vorgibt.

Damit nicht genug. Um das wahre Gefühl seriös darzustellen, hält das Girlie Sigi den Roman „Das kunstseidene Mädchen“ von Irmgard Keun in die Kamera und zitiert tief bewegt eine Passage: „Ich wünsche dir einen blauen Himmel“. Das ist insofern perfide, als dadurch das Werk der 1935 emigrierten Autorin zum Kitsch herabgezogen wird.

Natalie Wörner setzt gelegentlich Akzente als verhuschte Lektorin, die später die schwarzlippige Femme Fatale heraushängen lässt. Das rettet die zähflüssige Komödie nicht, in der kaum etwas zusammenpasst und auch die „Moral der Geschicht“ zum Gähnen ist. Am Ende steht Anna von der Couch ihres Analytikers mit der Erkenntnis auf, dass Frauen nicht die besseren Menschen sein müssen, sondern auch das Recht haben, sich cool und geldgierig auszuleben. Meine Güte, das ist diese Art von abgestandenem Pfusch, wo einem beim Zuschauen das beklemmende Gefühl heimsucht, dass einem der Sehnerv langsam abstirbt.

Manfred Riepe