„Freiräume statt Technikträume“

Jugendumweltkongress: Kritik an Expo 2000 samt Tortenwurf

Tübingen (taz) – Bleiche Gesichter, monotone Trommelschläge, Jugendliche formen dumpfe Maschinen. Auf einmal Bewegung. Die Gesichtsmasken werden bunter, die Musik lustiger. Rund um den Brunnen auf dem Holzmarkt in der Tübinger Innenstadt feiern rund 300 fröhliche Menschen. Mit dieser künstlerischen Darbietung wurde der siebente bundesweite Jugendumweltkongress (JUKSS) eröffnet, zu dem sich vom 26. Dezember bis zum 2. Januar ca. 400 junge Ökologen getroffen haben.

Die Performance am Beginn sollte das diesjährige JUKSS-Motto „Freiräume statt Technikträume“ symbolisieren. „Statt immer ausgeklügeltere technische Patente brauchen wir Menschen mit Kreativität und guten Ideen, um die gegenwärtigen und zukünftigen Probleme auf unserem Planeten zu lösen“, erklärte eine JUKSS-Sprecherin das Motto.

Die Umweltschützer diskutierten von der Ausweisung von Naturschutzgebieten bis zu Müllvermeidungskonzepten die gesamte Themenpalette. Kritik übten die jungen Ökologen an der ihrer Meinung nach zu zögerlichen Haltung der rot-grünen Regierung beim Atomausstieg.

Als „Negativbeispiel für technokratische Zukunftskonzepte“ geriet vor allem die Expo 2000 ins Visier. Sie wird am 1. Juni diesen Jahres in Hannover ihre Pforten öffnen. „Gentechnik und Atomkraft werden auf der Weltausstellung nahtlos neben Ökodörfern und Windanlagen zu finden sein. Kann eine Veranstaltung in dieser Größenordnung sozial und ökologisch verträglich sein?“, hieß es im Einladungs-Flugblatt zu einer Podiumsdiskussion auf dem Umwelt-Event. Dort diskutierten der Leiter des Expo-Themenparks, Ernest Mitschke, und der Geschäftsführer der an der Expo beteiligten Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, mit den Expo-Kritikern Jörg Bergstedt von der Umweltzeitschrift Ö-Punkte und Kai Kaschinski vom Bundeskongress Entwicklungspolitischer Gruppen (Buko). Der Appell von Resch, die Kritik an der Expo in die Gremien der Weltausstellung hineinzutragen, wurde bei der Mehrheit der jungen Umweltschützer sehr skeptisch aufgenommen. Als allerdings zum Abschluss der Diskussion einige Aktivisten ihren Protest mit einen Tortenwurf auf die beiden Expo-Vertreter ausdrückten, entbrannte unter den JUKSS-Teilnehmern eine heftige Debatte: Während sich einige auf die JUKSS-Essentials Toleranz und Gewaltlosigkeit beriefen, sahen andere den Tortenwurf als Spaßaktion und wollten wie in der Anti-AKW-Bewegung unterschiedliche Aktionsformen gleichberechtigt nebeneinander stehen lassen.

Peter Nowak