Für Deutschland nur das Beste

Erste Einbürgerung nach neuem Recht: Kieler Landesregierung will durch Iranerin mit Musterbiografie ein „Zeichen“ setzen

Berlin (taz) – Mit gutem Beispiel vorangehen, dachte sich wohl die schleswig-holsteinische Landesregierung. Die 50-jährige Iranerin Behjat Moaali, die gestern in Kiel als erste Ausländerin nach dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht eingebürgert wurde, ist eine Frau mit geradezu mustergültiger Biografie. „Frau Moaali steht fast symbolhaft für die Integration“, betonte Norbert Scharbach, Leiter der Ausländerabteilung im Kieler Innenministerium.

Nach dem neuen Staatsangehörigkeitsrecht haben Ausländer bereits nach acht statt bisher fünfzehn Jahren Anspruch auf Einbürgerung. Doch die juristischen Hürden sind weiterhin hoch, die Bundesregierung hat strenge Kriterien vorgesehen. Schließlich soll Deutschland nicht durch die Hintertür zum Einwanderungsland werden.

Wer Deutscher werden will, muss sich zuallererst zum Grundgesetz bekennen. Insofern dürfte Behjat Moaali die Wunschkandidatin der Kieler Landesregierung gewesen sein. Schließlich hat die gebürtige Iranerin, die in Teheran als Rechtsanwältin arbeitete, mit dem Eid auf die deutsche Verfassung bereits Erfahrung: als Mitarbeiterin in einer Rechtsanwaltskanzlei und als vereidigte Dolmetscherin für Persisch und Aserbeidschanisch beim Landgericht Kiel. Was ihren Einbürgerungsantrag betrifft, hat Moaali das Soll damit sogar gleich in doppelter Hinsicht erfüllt. Denn die begehrte Urkunde erhält nur, wer für seinen Unterhalt selbst aufkommen kann.

Einzig in Moaalis Arbeit als Sachverständige für iranisches Recht könnten besonders Misstrauische einen Interessenkonflikt vermuten, gilt das Mullah-Regime doch nicht eben als Musterbeispiel eines demokratischen Rechtsstaates. Doch im Innenministerium ist die Geschäftsführerin des Kieler Folteropferzentrums Refugio „amtsbekannt“ – und als in ihrer Heimat verfolgte Frauenrechtlerin obendrein politisch unverdächtig. Die Anfrage beim Verfassungsschutz, die den Landesregierungen freigestellt ist, entfiel denn auch. „Diese Regelung kommt nur zum Tragen, wenn Zweifel bestehen“, sagte Thomas Giebeler, Sprecher des schleswig-holsteinischen Innenministeriums. „Das war in diesem Fall unnötig. Frau Moaali steht in ständigem Kontakt zur Ausländerbehörde.“ Eine Sprachprüfung erschien den Beamten daher ebenfalls überflüssig. Auch weil Moaali einen Abschluss der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vorweisen konnte. Auf einen formalisierten Sprachtest verzichtet Schleswig-Holstein ohnehin. „Mit der Wahl von Behjat Moaali wollten wir ein politisches Zeichen setzen“, sagt der Chef der Ausländerabteilung im Kieler Innenministerium, Scharbach. Seine Behörde habe den Vorwurf entkräften wollen, dass Leute eingebürgert würden, die gar nicht wirklich integriert sind.

Allein – nicht alle Antragsteller können eine solch vorbildliche Biografie wie Moaali vorweisen. Den Vorwurf, eine Vorzeigeausländerin ausgewählt zu haben, will das Kieler Innenministerium dennoch nicht gelten lassen. „Es bekommen nun ja nicht plötzlich Ausländer einen deutschen Pass, die gerade hier angekommen sind. Behjat Moaali ist schon der typische Fall einer Ausländerin, wie sie künftig verstärkt um Einbürgerung ersuchen werden“, so Scharbach.

Seit 1994 war Moaali als asylberechtigt anerkannt, doch der Iran hatte die Juristin nicht aus ihrer Staatsangehörigkeit entlassen. Erst durch die Gesetzesänderung erhielt sie einen Anspruch auf Einbürgerung und besitzt nun beide Nationalitäten.

Nach Schätzungen kann die Hälfte der 7,3 Millionen Ausländer in Bundesrepublik nach dem neuen Recht eingebürgert werden. Ein Ansturm auf die Ausländerbehörden blieb jedoch gestern aus. Lediglich in den bayerischen Einwohnermeldeämtern ging es lebhafter zu: „Heute ist hier ganz nett was los“, hieß es aus Nürnberg. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, die Grüne Marieluise Beck, rechnet mit rund einer Million Einbürgerungen in diesem Jahr. Nicole Maschler