Indien: Pakistan ist „Terrorstaat“

■ Premierminister Vajpayee macht das Nachbarland für die Flugzeugentführung verantwortlich. Ein Bombenanschlag in Kaschmir fordert 17 Tote auf einem Markt

Neu-Delhi/Srinagar (AFP) – Indien hat den Erzrivalen Pakistan für die jüngste Airbus-Entführung verantwortlich gemacht und die Einstufung Pakistans als „terroristischer Staat“ gefordert. „Pakistans aktive und andauernde Rolle bei der Anstachelung des Terrorismus in Indien ist jetzt zu offensichtlich, um von der internationalen Gemeinschaft übersehen zu werden“, sagte Premierminister Atal Behari Vajpayee gestern in Neu-Delhi. Die Flugzeugentführung sei Teil der von Pakistan unterstützten Gewalt im indischen Teil Kaschmirs.

Vajpayee nannte das pakistanische Vorgehen im Kaschmirkonflikt „eine potenzielle Bedrohung für die globale Sicherheit“. Seine Regierung werde nun systematisch darauf hin arbeiten, dass die Welt „Pakistan zum terroristischen Staat erklärt“. Alle vom Geheimdienst gesammelten Informationen deuteten darauf hin, dass die Entführung des indischen Airbus an Heiligabend auf das Konto der von Pakistan unterstützten muslimischen Milizen im indischen Teil von Kaschmir ging.

Die fünf islamistischen Entführer hatten drei Gesinnungsgenossen freigepresst und dann an Silvester im afghanischen Kandahar ihre noch rund 160 Geiseln freigelassen. Die indische Regierung vermutet, dass die acht Gesuchten inzwischen nach Pakistan gelangten. Die Führung in Islamabad bestreitet dies.

Vajpayee kündigte auch an, Indien werde untersuchen, welche Rolle die in Afghanistan herrschenden Taliban bei der Entführung spielten und ob sie die Luftpiraten unterstützten. Passagiere hatten berichtet, die radikalislamischen Taliban hätten die Entführer in Kandahar mit neuen Waffen und Munition versorgt.

In der indisch-kaschmirischen Stadt Srinagar wurde gestern ein Bombenschlag auf einem belebten Gemüsemarkt verübt, bei dem mindestens 17 Menschen getötet und etwa 20 verletzt wurden. Die Behörden schrieben auch diese Tat radikalen Islamisten zu, die mit pakistanischer Unterstützung für die Loslösung von Indien kämpfen. Der Anschlag schürte Befürchtungen, die Milizen im indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir könnten durch den Erfolg der Flugzeugentführer zu weiterer Gewalt ermutigt worden sein.

Die Todesopfer waren nach Behördenangaben 14 Zivilisten und drei Sicherheitsbeamte. Unter den Verletzten waren etwa ein Dutzend Grenzschützer sowie Mitglieder einer Sondereinheit zum Schutz ranghoher Politiker. Der Markt, auf dem die Bombe hoch ging, befindet sich zwischen einer Polizeistation und einem Armeestützpunkt.