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Borussen hormonell geschwächt

Die Misere des Ballsportvereins Borussia Dortmund hat einen Namen. Und der heißt nicht Andy Möller. Das Verderbnis hört auf die Bezeichnung „Tributylzinn“ (TBT). Das Gift, sonst gerne als Antibewuchs-Anstrich auf Schiffsrümpfen verwandt, steckt in den Nike-Trikots der Schwarzgelben. Dort soll es Bakterien und Schweiß abtöten. Wie wir Samstag für Samstag weinend mitansehen mussten, hat es aber vor allem den Spielwitz gekillt.

Nach fulminantem Saisonstart – damals waren die Spieler noch gesund und unverseucht – rutschte die Dortmunder Millionario-Truppe ins graue Mittelfeld ab und sagte der Champions League nach unerklärlich schwachen Auftritten adieu. Kein Wunder: Das Zeugs, das über die Haut aufgenommen wird, ist hoch giftig und zeigt hormonelle Wirkungen. Bei Schnecken, einer Gattung, die mit den BVB-Spielern starke Ähnlichkeit aufweist, führt Tributylzinn zu Geschlechtsmutationen. Dass die Borussen Frauenfußball gespielt haben, soll (in diesem geschlechtlich sensiblen Blatt) nicht behauptet werden, aber Aggressivität, Biss und Zweikampfhärte, die männlichen Fußball-Tugenden, wurden doch vermisst. Ihr bestes Spiel machten die Borussen in Glasgow in der Verlängerung. Klar: Die von den ausgepowerten Spielern emittierte Schweiß-Übermenge hatte die Chemikalie aus den Trikots gespült.

Und jetzt? Karstadt und Kaufhof wollen die toxischen Leibchen, die zu Hunderttausenden an Fans verkauft werden, zurückrufen. Das ist gut. Aber wer ruft die halbe Bundesliga-Saision zurück, die irregulär, weil hormonell vergiftet war? Und: Muss jetzt nicht der ästhetisch ohnehin fragwürdige Trikottausch unter Spielern verboten werden? Einziger Trost: die Dortmunder Geschäftsstelle! Dort hieß es gestern übers Hormongift: „Also bis jetzt iss nix passiert.“ Manfred Kriener