Das Portrait
: Kämpfer für den Frieden

Viktor Popkow

Am vergangenen Donnerstag reiste der 50-jährige Wiktor Popkow von Moskau nach Tschetschenien. Was für andere ein Himmelfahrtskommando wäre, ist für Popkow fast schon Alltag.

Als mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 die ersten Konflikte ausbrachen, war Popkow immer im Kampf gegen Krieg und Hass dabei. Mit der von ihm Anfang der 90er-Jahre gegründeten Gruppe „Omega“ protestierte er in Moskau gegen die Kriege. Aber „Omega“ kämpft nicht nur in Moskau. Der in einem kleinen Ort in Aserbaidschan geborene Pazifist war im armenisch-aserbaidschanischen Krieg um Nagorny Karabach regelmäßig auf beiden Seiten der Front, besuchte Angehörige von Vermissten und setzte sich für die Freilassung von Gefangenen ein. Damals war er auch für kurze Zeit im Gefängnis von Fisuli (Aserbaidschan) inhaftiert. Hier zeigte sich Popkows Eigenschaft, die ihm stets die Türen öffnete: Er konnte sich durch seine herzliche Wesensart mit allen anfreunden. Bei seiner Entlassung gab ihm einer der Wärter einen Kamm mit auf den Weg.

Weitere Stationen in Popkows Kampf für eine friedliche GUS waren: Abchasien, Inguschetien, Ossetien und immer wieder Tschetschenien. Sofort nach Beginn der Bombardierungen Grosnys im ersten Krieg war Popkow vor Ort. Es gelang ihm oft, Informationen aus erster Hand nach Hause und an die Öffentlichkeit zu bringen.

Der Pazifist mit der Ausstrahlung eines orthodoxen Popen wirkt auf seine Gesprächspartner vertrauenserweckend. Und so ist es kein Zufall, dass der Präsident von Inguschetien ebenso zu Popkows regelmäßigen Gesprächspartnern gehört wie der tschetschenische Präsident Maskhadow oder russische Offiziere. Das erklärt auch, dass Popkow immer wieder Wege in das umkämpfte Grosny findet.

Mit Ausbruch des zweiten Tschetschenien-Krieges trat Popkow in einen 41-tägigen Hungerstreik. Noch im Dezember reiste er nach Tschetschenien, um den Menschen zu zeigen, dass es auch ein anderes Russland gibt.

In der russischen Friedensbewegung ist Popkow nicht unumstritten. Den einen ist er zu waghalsig. Andere stören sich daran, dass er immer wieder von „Gott“ und „Allah“ spricht. Gerüchten zufolge soll er die Gründung eines Ordens geplant haben, in dem er Elemente der Weltreligionen vereinen wollte. Viele verübeln ihm, dass er jetzt seine Frau und die beiden kranken Töchter drei Wochen in Moskau zurücklässt. Wieder einmal.

Bernhard Clasen