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: Kontrastprogramm

„die story – Ich war Hitlers Sklave“, So., 21 Uhr, WDR

Eigentlich hatte die deutsche Industrie mit den Kennedys in der Vergangenheit ja nie Probleme. Aber dieser Rudy Kennedy – weder verwandt noch verschwägert – macht ihr offenbar doch zu schaffen. Zumindest sah man in Luke Hollands Porträt des ehemaligen Zwangsarbeiters mit (inzwischen) britischem Pass Manager gleich reihenweise die Flucht ergreifen, als Kennedy bei ihnen direkt nachfragte, was denn nun eigentlich mit den Entschädigungszahlungen sei. Eine vielsagende, aber auch nicht sonderlich überraschende Reaktion. Wenn die Herren Kennedy und Holland, wie es sich gehört, um einen Termin nachgesucht hätten, ja dann hätte man doch miteinander reden ...aber so ... . So nachvollziehbar die Fluchtreaktionen der Industriebosse auf diese wohl überlegte Überfalltaktik waren, so musste doch irritieren, wie der honorige Historiker Hans Mommsen hier ausgerechnet am Rande einer Veranstaltung des Zentrums für jüdischen Studien in Oxford komplett die Contenance verlor, nur weil Kennedy darauf beharrte, er und seine Leidensgenossen seien im Rahmen der ,Vernichtung durch Arbeit‘ praktisch „zum Tode verurteilt“ gewesen.

Nicht minder bemerkenswert als dieses Porträt ist indes die Tatsache, dass sich der WDR nach Jahren der hemmungslosen Regionalisierung resp. Provinzialisierung seines Dritten nun zu einem festen Sendeplatz für ausgewachsene Dokumentationen durchgerungen hat. Das mutet auf den ersten Blick wie Quoten-Harakiri an, und gigantische Marktanteile sind angesichts der Konkurrenz auf diesem exponierten Sendeplatz um 21 Uhr sicherlich nicht zu erwarten. Dennoch macht das dahinter stehende Kalkül durchaus Sinn: Wen es zum Ausklang des Wochenendes zwar nach Fernsehsessel, aber partout nicht nach Unterhaltung gelüstet, der wird mangels Alternativen nahezu zwangsläufig beim WDR landen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Verantwortlichen nicht doch gleich wieder kalte Füße bekommen, wenn die mutige Idee nicht auf Anhieb zünden sollte. Reinhard Lüke