Doch noch ein letztes fettes Jahr

Die Beschäftigungsgesellschaft „Mypegasus“ übernimmt bis zu 3.500 Leute des maroden Baukonzerns Holzmann, um sie in neue Jobs zu vermitteln. Großzügiger Sozialplan garantiert nahezu den alten Lohn ■ Von Hannes Koch

Berlin (taz) – Beschäftigte, die den angeschlagenen Baukonzern Philipp Holzmann AG verlassen müssen, erhalten ein Jahr annähernd ihren bisherigen Lohn. Das gaben das Unternehmen, der Betriebsrat und das hessische Landesarbeitsamt bekannt, als sie gestern in Frankfurt den Sozialplan vorstellten. Bis zu 3.500 seiner 17.000 inländischen Stellen wird Holzmann wegstreichen. Nachdem der Konzern Verluste in Milliardenhöhe im Immobilienbereich eingefahren hatte, bewahrte ihn die Bundesregierung mit finanziellen Hilfen und politischem Druck im November 1999 knapp vor dem Konkurs.

Kern des Sozialplans ist, dass bis zu 2.700 Beschäftigte der Philipp Holzmann AG und der Bau AG Süd die Unternehmen verlassen müssen. Tochterfirmen werden weitere 800 Leute einsparen. Der Personalvorstand Michael Ernst wird die Liste mit den Namen der betroffenen Arbeiter und Angestellten in den nächsten Tagen an den Betriebsrat schicken. Den Beschäftigten bietet man an, in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft „Mypegasus“ überzuwechseln. Diese Gesellschaft hatte schon die Arbeiter der bankrotten Bremer Vulkan-Werft betreut. Wer nicht zu Mypegasus gehen will, wird gekündigt.

In der Beschäftigungsgesellschaft erhalten die Arbeiter in der Regel ein Jahr 80 Prozent ihres bisherigen Bruttoeinkommens. Bis zu 67 Prozent davon bezahlt jeweils das Arbeitsamt, den Rest steuert der Konzern bei, wofür das Unternehmen rund 100 Millionen Mark braucht. Die Ausgesonderten erhalten weiterhin ihr 13. Monatseinkommen und das Urlaubsgeld, zusätzlich eine Abfindung von durchschnittlich drei Monatsgehältern. Mypegasus wird vielen von ihnen zunächst anbieten, auf ihren alten Arbeitsplätzen bei Holzmann im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen weiterzuarbeiten, bis die Bauprojekte fertig gestellt sind. Danach beginnt die mindestens fünf- bis sechsmonatige Qualifizierungsphase, in der die Beschäftigten ein Bewerbungstraining durchlaufen, ihre Sprachkenntnisse verbessern oder den Kranführerschein machen. So sollen viele anderswo einen neuen Job finden. Das Arbeitsamt investiert bis zu 200 Millionen Mark.

Beim Bremer Vulkan konnte Mypegasus – eine der größten Beschäftigungsgesellschaften bundesweit – bis 1997 je nach Zählweise bis zu 50 Prozent der ehemaligen Werftarbeiter in neue Arbeitsverhältnisse vermitteln. Der anderen Hälfte der ehemaligen Schiffbaubelegschaft blieb trotz intensiver Bemühungen nichts anderes übrig, als ihre Hoffnungen auf einen Job zu begraben. Besonders „ältere“ Beschäftigte jenseits der 45 und Immigranten fanden keine neue Anstellung. So wird auch für viele Holzmann-Beschäftigte Mypegasus die letzte Station ihres Arbeitslebens sein.

Über den Sozialplan hinaus muss der Holzmann-Konzern mehrere Dutzend Tochterunternehmen mit bis zu 2.000 Stellen verkaufen. Insgesamt umfasst die Personalreduzierung also fast ein Drittel der heutigen Belegschaft.

Banken, Staat und Beschäftigte bringen mehr als vier Milliarden Mark auf, um Holzmann überleben zu lassen. Europas Wettbewerbshüter Mario Monti bezweifelt aber, dass die Rettung gelingt.