Soundcheck

Project Skull

Heute: Project Skull. Berlin-Ost, 1992. In einem Club, den es heute längst nicht mehr gibt, stellt eine Gruppe von Musikern Liegestühle vor einer Leinwand auf. An jenem Abend wurde der Stummfilm- Klassiker Das Kabinett des Dr. Caligari gezeigt. Als eine Art „handgemachten Drum & Bass“ bezeichnet Gründungsmitglied Hans Tomato den Sound, mit dem Project Skull damals experimentierten. Aus einer Laune heraus begannen die Musiker an jenem Abend, den Stummfilm mit ihrer düsteren, elektronischen Musik zu untermalen. So entstand das Konzept der Band – die regelmäßig die Musiker wechselt, um „nicht in musikalische Starre zu fallen“ (! ) –, expressionistischen Stummfilmen einen neuen, modernen Soundtrack zu geben. Das darauffolgende Experiment, eine Vertonung von Paul Wegeners Der Golem wurde allerdings abgebrochen. Nicht etwa aus musikalischen Gründen, sondern weil der Stoff des Films der Band „politisch zu brisant“ schien, kurz: sie Antisemitismus-Vorwürfe befürchteten.

„Wir verstehen uns nicht als politisch, wir sind Mystiker“, erklärt Tomato. „Wir lieben das Spielen mit Vorstellungen von Schicksalen und mystischen Zahlenkombinationen.“ Über die Szene, aus der die Band stammt, ist in den vergangenen Jahren viel geschrieben worden. Vor allem seit Bands wie Rammstein oder Joachim Witt sich auch in der Öffentlichkeit mit Kritik auseinander zu setzen hatten. Die Macher der Szene betrachten sich selbst nicht als Rechte, gar als Nazis, sondern eben als Ästheten, Künstler, Avantgardisten. Vor diesem Hintergrund sind Project Skull als Elektro-Projekt, das vornehmlich instrumental, wenn auch mit bedeutungsschwangeren Samples arbeitet, eigentlich keine typischen Vertreter der „Neuen Deutschen Härte“. Ihre Interpretationen düsterer, von Wahnsinn und Todessehnsucht handelnder Filme sind zwar schön uneindeutig gehalten, stehen deshalb aber noch lange nicht außerhalb bestimmter Kontexte. Denn wie, bitte, soll man eine Maxime auffassen, die da lautet: „Die Herrschaft des Mythos ist angebrochen“?

Moritz Lautenbach

21 Uhr, N+K Club auf Kampnagel (Project Skull vertonen Fritz Langs „Der müde Tod“ aus dem Jahre 1922)