Zweiter Anlauf für Länderfusion

Anfang März will Brandenburg einen Zeitplan für dieBildung eines gemeinsamen Bundeslandes mit Berlin vorlegen

Wenn eine gescheiterte Liaison noch einmal aufgewärmt werden soll, sind die Aussichten auf Erfolg meist gering. Umso spannender könnte es werden, wenn die Bundesländer Berlin und Brandenburg nach der gescheiterten Länderfusion 1996 den zweiten Anlauf zu einer Vereinigung unternehmen. Die Brandenburger Landesregierung will diesen zweiten Versuch wagen: Bis zum 8. Februar, so wurde gestern bekannt, soll in der Potsdamer Staatskanzlei ein Konzept für die Bildung eines gemeinsamen Bundeslandes vorliegen.

Damit steht die derzeit einzige realistische Neugliederung der föderalen Strukturen in der Bundesrepublik seit dem Zusammenschluss von Baden und Württemberg 1952 erneut zur Diskussion. Die Brandenburger legen dabei ein beachtliches Tempo an den Tag. Schon Anfang März soll ein Zeitplan für die umstrittene Länderehe auf dem Tisch liegen. Die Eile ist überraschend, zumal die Regierung von Ministerpräsident Manfred Stolpe darauf achten muss, die Bürger nicht ein weiteres Mal vor den Kopf zu stoßen.

Am 5. Mai 1996 hatten sich lediglich 36,3 Prozent der Brandenburger für eine Fusion mit Berlin ausgesprochen – das Projekt scheiterte kläglich. Stolpe, engagierter Verfechter eines gemeinsamen Landes, sprach von einem „Scherbenhaufen“ und schloss seinen Rücktritt nicht aus. Damit es nicht noch einmal so weit kommt, will der Landesvater verstärkt um das Vertrauen der Bevölkerung werben. Voraussetzung ist außerdem, dass die PDS, die sich damals gegen die Fusion gesperrt hatte, mit ins Boot geholt wird.

Die PDS ist aber noch unentschlossen. Die Brandenburger Landesvorsitzende Anita Tack rechnet nicht damit, dass sich an der Haltung der Bevölkerung zur Fusion etwas geändert hat. „Die Ablehnung ist geblieben.“ Ihre Partei sehe weiterhin keine Notwendigkeit einer Fusion. Die PDS fürchtet, dass der Zusammenschluss in den Bereichen Finanzen und Verkehr zu Lasten des Flächenlandes ausfallen könnte. Zwingende Voraussetzung seien außerdem eine Neuregelung des Länderfinanzausgleichs auf Bundesebene sowie ein Kassensturz der Berliner Landesregierung.

Die Berliner PDS-Landeschefin Petra Pau will die Fusion sogar nur im Zusammenhang mit einer „territorialen Neugliederung der Bundesrepublik“ diskutieren. Auf einem Sonderparteitag im März soll eine endgültige Position verabschiedet werden. Trotz aller Bedenken schließt Tack aber eine Volksabstimmung über einen Neuanlauf zur Fusion im Jahr 2004 nicht aus. Brandenburgs Vizeregierungschef Jörg Schönbohm (CDU) hält die Länderehe zu diesem Zeitpunkt für realistisch, während SPD-Bildungsminister Steffen Reiche vom Jahr 2009 ausgeht.

Die Berliner Landesregierung begrüßt den erneuten Anlauf der Brandenburger. In ihrer Koalitionsaussage haben CDU und SPD längst einen „möglichst baldigen Zusammenschluss beider Länder“ vereinbart. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) geht davon aus, dass die Fusion noch in diesem Jahrzehnt unter Dach und Fach kommt. Jetzt seien die Brandenburger verantwortlich: „Brandenburg muss klären, wann ein Termin für eine neue Volksabstimmung geeignet ist.“

Schließlich, so die Berliner Position, sind die Brandenburger am Zug. Denn während aus Brandenburg ein klares Nein kam, erreichten in Berlin die Fusionsbefürworter eine knappe Mehrheit. Eine eindeutige Mehrheit gab es mit 58,7 Prozent nur im Westteil der Stadt. Im Osten sprachen sich 54,7 Prozent dagegen aus. Ohnehin war das Interesse verhalten: Gerade einmal jeder zweite wahlberechtigte Berliner beteiligte sich an der Abstimmung.

Trotz des knappen Ergebnisses geht Matthias Wambach, Landesgeschäftsführer der Berliner Christdemokraten, fest davon aus, dass sich an der Hauptstadt-Mehrheit für die Fusion bis heute nichts geändert hat: „An den Berlinern wird die Fusion nicht scheitern.“

Andreas Spannbauer