piwik no script img

Rechtsdrall am Taxisteuer

■ Ominöser Taxifunk will „berechtigte Kundenwünsche nach deutschen Fahrern“ erfüllen: „Wer einen echten Berliner Kutscher haben will, soll keinen aus Ankara bekommen“

Das Flugblatt ist eindeutig: „Jeder von uns hat schon erlebt, dass der Fahrgast sagt: Endlich mal wieder ein bekanntes Gesicht – endlich mal wieder ein deutscher Fahrer.“ So heißt es in der Werbung für einen geplanten Taxiruf, der unter den Namen „Berliner Kutscher“ firmiert. Weiter heißt es: „Wer einen echten Berliner Kutscher haben will, soll keinen aus Ankara, Beirut ... bekommen!“ Eine Kurzversion des mehrseitigen Flugblatts kursierte auch auf den Internetseiten des Taxi-Ruf-Unternehmens Würfelfunk. Darin ist von „berechtigten Kundenwünschen nach deutschen Fahrern“ die Rede, die von den Berliner Funkgesellschaften nicht vermittelt würden. Erklärtes Ziel der in Gründung befindlichen Kommanditgesellschaft: „Wir werden uns unseren angestammten Markt zurückerobern.“

Weil Würfelfunk „keine rassistische Werbung“ auf seiner Homepage duldet, wurde der Eintrag gelöscht. Andor Nemenyi von Würfelfunk: „Unabhängig davon, dass Werbung von Wettbewerbern nichts auf unserer Seite zu suchen hat, leisten wir der möglichen Zusammenrottung von Elementen, denen nachgesagt wird, sie seien ausländerfeindlich, keinen Vorschub.“

Auch Bernd Dörendahl von der Taxifahrerinnung distanziert sich „im Namen des ganzen Gewerbes“ von dieser Art Unternehmensphilosophie. „Wir können nicht hinnehmen, wenn ausländische Kollegen diskriminiert werden.“ Es gebe „vielleicht einige schwarze Schafe“, doch ebenso gebe es „Probleme mit deutschen Kollegen“. Dörendahl verweist auch auf ein Urteil des Düsseldorfer Oberlandesgerichts vom vergangenen Jahr. Danach dürfen Taxi-Funk-Zentralen keine Fahrer einer bestimmten Nationalität vermitteln.

Initiator der „Berliner Kutscher“ ist der Taxifahrer Bernhard Weidner. Er weist den Vorwurf des Rassismus weit von sich. Der 63-Jährige, der aus dem Lebensmittel- und Gemüsehandel kommt, gibt sich ganz unschuldig. Er wolle nur das verhindern, was seiner Meinung nach bereits im Einzelhandel eingetreten sei. „Sie finden gar keinen deutschen Gemüsehändler mehr“, schimpft er. Deshalb müssten Kunden sich ihre Fahrer aussuchen können.

Schützenhilfe erhält Weidner vom Herausgeber und Chefredakteur des Taximagazins, Wolfgang Hager. Der schrieb vor einigen Monaten im Editorial: „Tante Emma ist tot, allerdings nicht der kleine Einzelhandel. Der blüht und gedeiht unter der Regie von Onkel Ali und Tante Nürsel überall neu. Da hat Tante Emma wohl was falsch gemacht.“ Nach Angaben von Weidner war das „der Auslöser“ für sein Projekt. Auch Hager kann den Vorwurf des Rassismus nicht nachvollziehen. Es könne nicht sein, dass „der alte, helle Berliner Taxifahrer“ in der Minderheit sei. Auch er gibt an, „nur einem Bedürfnis von Kunden“ zu entsprechen, „die mit alten gestandenen Berlinern fahren wollen“.

Vielleicht erledigt sich der ominöse Taxifunk demnächst schon von allein. Denn derzeit ist völlig unklar, ob die geplante Direktvermittlung zwischen Kunde und Taxifahrer, bei der ein Computer den Standort des Anrufers ortet, mit dem Datenschutz vereinbar ist. Weidner rechnet gegen Ende des Monats mit einer juristischen Entscheidung.B. Bollwahn de Paez Casanova

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen