Belgiens Polizei lockt Illegale in die Abschiebung

Illegale Einwanderer beantragten Legalisierung und bekamen stattdessen Polizeibesuch

Brüssel (taz) – Seit Montag haben die belgischen Kommunen ihre Schalter für illegale Einwanderer geöffnet, die die Legalisierung beantragen wollen. Am Montagabend gab es eine Razzia in Brüssels Immigrantenviertel St. Gilles; gesucht wurden Personen, die am selben Tag bei der Gemeinde ihre Adresse angaben und ihre Antragsformulare abholten.

Regierung und Hilfsorganisationen hatten zuvor mit der Zusicherung für die dreiwöchige Kampagne geworben, keiner der Antragsteller habe eine Abschiebung zu befürchten. Tatsächlich aber trat die Polizei um halb sechs Uhr morgens bei Oliva Salazar Betancourt die Tür ein, durchwühlte private Papiere und Fotos und gab ihr den Ausweisungsbescheid. Ihre Adresse war den Behörden erst am Morgen bekannt geworden.

Insgesamt wurden in der Nacht zum Dienstag die Wohnungen von 31 Illegalen in St. Gilles durchsucht und 27 Ausweisungsbescheide zugestellt. Das Zentrum für Chancengleichheit hat inzwischen die Dossiers der Betroffenen geprüft und festgestellt, dass sie berechtigt sind, einen Antrag auf unbefristeten Aufenthalt zu stellen. Es hat deshalb das Innenministerium schriftlich aufgefordert, die Ausweisungsbescheide zurückzuziehen.

Die Zahl der illegal in Belgien lebenden Ausländer wird auf über 70.000 geschätzt. Auf Initiative der neuen Regenbogenkoalition hatte das Parlament einem Erlass zugestimmt, der ihre Legalisierung unter bestimmten Umständen ermöglicht.

Wer innerhalb von drei Wochen sein Dossier bei der zuständigen Behörde abgibt und nachweisen kann, dass er seit fünf Jahren ununterbrochen in Belgien lebt oder schwer krank ist oder unzumutbar lange auf sein Asylverfahren wartet, kann eine Aufenthaltsgenehmigung bekommen.

In Brüssel und Wallonien ist der Andrang an den Schaltern groß – in Flandern wird keine Werbung gemacht, und die Gemeinden leisten keine Hilfestellung.

Daniela Weingärtner