Die ganz laute Jürgen-Weh-Posaune

Der Aktionspolitiker Jürgen W. Möllemann hat wieder einen Coup gelandet. Mit Bhagwan, Hitler und Freddy Krueger zieht der FDPler in den Kampf um die NRW-Wahl im Mai. Gehobener Blödsinn oder sinnlose Verzweiflung? ■ fragt Klaus Staeck

Der wohl bekannteste bekennende Fallschirmspringer der Republik, Jürgen Weh Möllemann, hat wieder einen Coup gelandet. Wer außer ihm käme schon in der eher biederen deutschen Parteienlandschaft auf die Idee, Bhagwan, Adolf Hitler und Freddy Krueger als Wahlhelfer unter Vertrag zu nehmen.

Zugegeben: Die Lage seiner vom Wähler arg gebeutelten Partei ist verzweifelt. Da hilft nur noch die ganz laute Posaune oder Stammtisch-Unterkante, wenn man in unserer unübersichtlichen Medienlandschaft einen sicheren Landeplatz finden will, und den hat der Aktionspolitiker und FDP-Landeschef von Nordrhein-Westfalen Möllemann mit seinem sicheren Gespür für große Sprünge durchaus gefunden.

Das Fernsehen, der Hörfunk und viele Zeitungen erregen sich mehr oder weniger über die drei unappetitlichen Herren, die da als Kampfbund 2000 die Nordrheiner und Westfalen das ultimative Fürchten lehren sollen, wollten sie unserem Jürgen die Stimme verweigern.

Der Inhalt des Plakates ist zwar gehobener Blödsinn und deshalb kaum unter dem Stichwort Satire abzuheften, steht die doch immer für einen realen Kern, um den eine Diskussion sich lohnt.

Bei der Suche nach geeigneten Lehrern orientieren sich die lieben Kleinen doch wohl eher an Besserverdienern wie Profiraser Schumi, Kaiser Franz Beckenbauer oder Bill Gates statt dem plakatierten Trio infernale.

Dennoch ist die Gefahr gering, dass Möllemanns Plakatidee die Autofahrer und Passanten in größerer Zahl tatsächlich großflächig zu Gesicht bekommen. Wer ähnliche Plakataktionen der letzten Zeit beobachtet hat, stellte schnell fest, dass viele spektakulär angekündigten „Kampagnen“ mit der medialen Vorstellung bereits ihr Ende fanden. Spielen die Medien mit, ist das allemal wirkungsvoller und vor allem billiger.

Alle, die sich jetzt über M. aufregen, seien daran erinnert, dass die FDP schließlich Teil eines sechzehnjährigen Systems ist, das bei uns etliche Maßstäbe außer Kraft gesetzt hat. Das Plakat ist nur ein bildlicher Beweis für diese These.

Wer deshalb mit Hitler in den Wahlkampf zieht, muss ernst genommen werden, auch wenn er Möllemann heißt. Denn wer Tabus verletzt, muss gute Gründe haben.

Jürgen Weh Möllemann hat sie nicht. Benetton hat sie übrigens meist auch nicht, auf deren provozierende Pulloverwerbung sich M. möglicherweise beruft.

Klaus Staeck ist politischer Graphiker, Plakatkünstler und Rechtsanwalt. Er lebt in Heidelberg.