: Erst Arbeit, dann Abfahrt
Damit aus Skifahrers Lust nicht Frust wird, sollte vorab einiges bedacht werden. Sich schlau gemacht haben ■ Silke Langhoff und Markus Huneke
Immer mehr bereut Michael, dass er sich von Sabine zum gemeinsamen Skiurlaub hat überreden lassen. Aber damals war Sommer. Sie lagen in Portugal am Strand, und er hatte einen Sonnenbrand. Die Vorstellung einer watteweichen weißen Pracht war verlo-ckend. Ans Pistenstürmen hatte er nicht gedacht. „Und? Hast Du beim BUND angerufen?“ reisst ihn Sabine aus den Gedanken. Natürlich hat er. Es war ein verzweifelter Versuch, sie bei ihrem ökologischen Gewissen zu packen und vom Vorhaben abzubringen. „Wir sollen mit Langlaufskiern anreisen und selber den Hang hochlaufen.“
Die etwas überspitzte Formulierung von Paul Schmid, Sprecher beim Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, passt Michael gut in den Kram. Allerdings verschweigt er, dass Schmid empfiehlt, mit öffentlichen Verkehrsmitteln in schneesichere Gebiete zu reisen. Aber Sabine hat sich auch schlau gemacht. So bieten Reiseveranstalter explizit Urlaubsorte an, in denen keine energie- und wasserverschwendenden Schneekanonen eingesetzt werden. Und Wintersportorte werben damit, Eingriffe in die Natur zu meiden. Wers genau wissen will, sollte bei den örtlichen Naturschutzverbänden nachfragen.
Und öffentliche Verkehrsmittel? Von der Deutschen Bahn werden bis Ende April Über-Nacht-Liegewagen-ICEs eingesetzt: In Extra-Waggons wird das Skigepäck kos-tenlos und reservierungsfrei nach Wien, Garmisch-Partenkirchen und Interlaken befördert. Ein Hotel sollte allerdings rechtzeitig gesucht werden – im Februar beginnt nicht nur der Karneval, sondern auch die Hochsaison. Ein Problem, das sich bei den Globetrotter-Busreisen nicht stellt: „Stubai-Tal, Halbpension, 6 Tage, 1222 Mark“, ist eines ihrer Angebote. Die Skier kommen in einen Anhänger am Bus.
„Sommerurlaub ist billiger“, stöhnt Michael. „Außerdem kommen doch alle Nase lang irgendwo Lawinen runter. Und wenn ich mir was breche – ungelenk wie ich bin?“ Sabine ist gewappnet: „Beim Hamburger Sportbund gibts Auskünfte über Vereine, die Sportgymnastik anbieten. Und schließlich kannst du auch im Meer ertrinken. Aber ich habe mich informiert, aus versicherungstechnischen Gründen bleiben wir in Deutschland.“
Eine weise Entscheidung. Denn bei Reisen im Inland sind eigentlich keine zusätzlichen Versicherungen nötig. „Normale“ Pistenunfälle sind durch Kranken- und Haftpflichtversicherung gedeckt. Allerdings gilt: Wer sich übermütig in Gefahr begibt und beispielsweise geborgen werden muss, hat selber Schuld und zu zahlen. Gegebenenfalls sollte man eine private Reiseversicherung abschließen. Gegen Skibruch oder -diebstahl empfiehlt sich auf jeden Fall eine zusätzliche Reisegepäckversicherung. Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten nur Kosten für kaputte Skier, wenn auch die FahrerIn verletzt ist.
Komplizierter wirds im europäischen Ausland: Benötigt wird ein „Auslandskrankenschein“, der akzeptiert werden muss. Wenn nicht, wirds teuer, denn privat gezahlte Kosten werden nur im Umfang der Versicherungs-Bestimmungen des Urlaubslandes erstattet. Achtung: Norwegen gehört bekanntlich nicht zur EU! Fürs nicht-europäische Ausland sollte eine private Zusatzversicherung abgeschlossen werden, die im Reisebüro erfragt werden kann. Rundum-sorglos-Pakete bietet der Deutsche Skiverband ab 63 Mark an. Doch für eine Prämie von teilweise schon 12,80 Mark (FAIRsicherung) gibt es auch bei allgemeinen Versicherern brauchbare Reiseversicherungen. Um den Versicherungsslalom zu bestehen, hilft nur eins: individuell informieren!
Michael beschließt, dass er seine Bindung zu Sabine noch einmal gut überprüfen muss, die ihn täglich vorfreudig mit aktuellen Wettermeldungen (fürs Alpengebiet z.B. 0190/11 60 11, oder auch per Live-Kamera im Internet, z.B. www. wintersport.de) malträtiert. Außerdem hat er erfahren, dass das Gipfelstürmen zum Teil teure Skipässe erfordert. Michael reichts: „Ich will weder Skipaß noch -spaß. Ich fahre im Sommer nach Irland und wenn du nicht willst, kommt mein Fahrrad mit.“ Wütend greift Sabine zum Telefon. Ob der Busreisenveranstalter Rainbow-Tours auch im Winter Flirt-Fahrten macht? „Nee, leider nicht“, bedauert man dort. Und tröstet: „Aber wir veranstalten vor Ort Single-Partys!“
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