Pinochet prozessfähig?

■ Chef des Ärzteteams bestreitet Aussage des Innenministers Straw

London/Santiago de Chile (dpa) – Der britische Innenminister Jack Straw gerät wegen seiner Ankündigung, den chilenischen Ex-Diktator wegen seines Gesundheitszustandes in die Heimat entlassen zu wollen, immer mehr in die Kritik. Der Leiter des vierköpfigen Ärzteteams, dessen Gutachten Straw vorgelegt worden war, hat jetzt bestritten, Pinochet für verhandlungsunfähig erklärt zu haben. „Die Entscheidung über Pinochets Schicksal stand außerhalb unserer Kompetenz und Verantwortung“, sagte Oxford-Professor John Grimley Evans der Sonntagszeitung Observer.

Die Ärzte hätten lediglich die „medizinischen Fakten“ dargelegt. Die Entscheidung über ihre Bewertung sei von den Anwälten getroffen worden, die Straw beraten. Grimley Evans bezeichnete die Entscheidung Straws als „unklar“. Die Chancen für eine gesundheitliche Erholung Pinochets seien zwar „gering“, aber nicht als unmöglich auszuschließen, fügte der Professor hinzu. „Straw hat das Parlament irregeführt“, titelte daraufhin der Observer.

Der spanische Ermittlungsrichter im Fall Pinochet, Baltasar Garzón, verlangte ein Gutachten unter Beteiligung spanischer Gerichtsmediziner. Und ein Sprecher von amnesty international kündigte in London an, die Gruppe werde eine rechtliche Überprüfung der Umstände der medizinischen Untersuchung beantragen.