Die Königin trägt Weiß

■ „wir gehen höher baby“: Sabrina Setlur setzte sich in der Columbia-Halle die Krone auf

Ist doch erst das vierte Lied. Trotzdem. Die dauergewellte Frau mit dem karierten Kostümjäckchen neben mir holt schon mal die kleine gelbe Plastiktüte aus der Tasche und wickelt die mitgebrachten Wunderkerzen aus. Die werden dann an die Freundinnen verteilt, angezündet und geschwenkt. Sabrina Setlur ist auf Tour. Auf ihrer Krönungstour. Der Krönung zur HipHop-Prinzessin. Als „Queen of HipHop“ wird sie von ihrem 3p-Label schon lange verkauft. Bei ihrem Auftritt am Sonntag in der Columbia-Halle wurde sie endgültig inthronisiert.

Sabrina Setlur betrachtet immer mal wieder nachdenklich ihr Publikum, ruft „Berlin!“ und urteilt knapp und gönnerhaft: „Die Stimmung ist nicht schlecht.“ „Nicht schlecht“, das bedeutet bei einem HipHop-Konzert normalerweise irgendwas zwischen unterkühlt und superlangweilig. Hier bedeutet es majestätische Zufriedenheit.

Sie ist ganz in Strahlendweiß gekleidet. Enges Top, weite Hose, langer Mantel. Sie setzt sich immer mal wieder auf einen kleinen Hocker, ihren Thron. Die Lichter gehen aus. Nur Setlur strahlt. Sie sagt jetzt, dass das Publikum „Wahnsinn“ sei und dass sie auf keinen Fall weinen wolle, aber es sei sehr schwer, und man reicht ihr ein riesiges leuchtend weißes Frotteetuch, als Taschentuch, weil es viel zu weinen gibt, vor Glück.

Silberglänzend, sanft, entrückt und von ihren hessischen Wurzeln weit weit weg. Das ist die neue Sabrina Setlur. Rödelheim ist fern. Ist nur noch ein Wort, das die Fans mitgrölen dürfen. Zehn Minuten. Nur da kommt etwas Begeisterung auf. Und das Glück, das echte HipHop-Glück, erreicht die Halle erst, als ihre beiden Co-Stars mit auf die Bühne kommen. Cora E. und Brixx, mit denen Setlur gemeinsam den Hit „Hija“ aufgenommen hat, verkörpern noch das unverfälschte Straßenköterimage. Keine Prinzessinen. Proud to be Prolls. Kämpferinnen. Und mit Textzeilen zwischen Dada, Straßenkampf und Wahnsinn: „dieses lied is net die leier von du gehst mir auf die eier / denn zusammen sind wir flyer als schleier an chaien a la playa / elemente wie earth wind and fire und ich schwör wurst ob’s euch stört wir gehen höher baby höher“.

Die Halle bebt. Nicht umsonst lässt Sabrina Setlur die beiden nur für dieses eine Lied mit auf die Bühne. Denn bei dem Auftritt der beiden kann jeder merken, dass die Fans ihre HipHop-Prinzessin Sabrina zwar verehren und bewundern. Dass ihnen etwas mehr Ursprünglichkeit und Kampf und Gewalt aber doch lieber wären.

Setlur ist entrückt, unnahbar. Staatsmännisch und fern. Prinzessin Setlur, untouchable Sabrina, kommende Königin des HipHop-Imperiums 3p. Alles eine Frage des Glaubens. Wer nicht an sie glaubt, alles nur eine schlaue Inszenierung nennt, ist ihr Feind und glaubt an gar nichts. Medienmenschen, Kritiker, ihre Lieblingsfeinde. Über die hat sie ein Lied geschrieben: „Seid ihr die feinde die mich hassen verachten und auf tücke bauen / den traum in stücke hauen ihn klauen vor lauter neid / ihr wollt sein was ich bin doch bleibt für immer was ihr seid / nix als diebe voller neid die immer unten stehen und an nix glauben.“ Schon gut, schon gut. Prinzessin Sabrina. Wir glauben dir. Wir glauben an dich. Mal sehen, wie lange die Fans noch glauben.

Volker Weidermann