Neue Ausweise für das Kosovo

Der Unmik-Sonderbeauftragte Tom Koenigs berichtet über die Vorbereitungen für die Kommunalwahlen in der serbischen Provinz im kommenden Herbst ■ Von Barbara Oertel

Berlin (taz) – Der Mission der Vereinten Nationen (Unmik), die sich im Kosovo um den Aufbau ziviler Verwaltungsstrukturen bemüht, steht jetzt eine Mammutaufgabe ins Haus: In Vorbereitung der Kommunalwahlen, die im Herbst stattfinden sollen, müssen die Bewohner des Kosovo registriert werden. Anspruch auf eine fälschungssichere Identitätskarte hat, wer seinen Wohnsitz am 1. Januar 1998 im Kosovo hatte, dort fünf Jahre ohne Unterbrechung gelebt hat oder dessen einer Elternteil nachweislich im Kosovo beheimatet ist.

Für die Aktion, die im Juni abgeschlossen sein soll, werden nach Angaben von Tom Koenigs (Grüne), stellvertretender Sonderbeauftragter des Generalsekretärs der Unmik im Kosovo, Kosten von rund 30 Millionen Dollar veranschlagt. Trotz der zu erwartenden Schwierigkeiten hält Koenigs die Probleme für lösbar. Obwohl bei der Registrierung nur auf vorhandene Dokumente zurückgegriffen werden könne, lasse sich die Anzahl der Zweifelsfälle wohl auf einige zehntausend reduzieren, sagte Koenigs gestern in Berlin.

Wenngleich die Registrierung einen weiteren Schritt in Richtung einer Normalisierung des öffentlichen Lebens darstelle, so Koenigs, stehe die Unmik knapp sieben Monate nach Aufnahme ihrer Arbeit immer noch vor riesigen Problemen. So sei die Sicherheitslage nach wie vor prekär. Zwar machten rassistisch motivierte Verbrechen laut Statistik mittlerweile weniger als die Hälfte aller Straftaten aus, jedoch würden Angehörige von Minderheiten immer noch 15- bis 20-mal häufiger Opfer solcher Gewalttaten.

Auch im Bildungswesen scheinen integrative Ansätze zunächst gescheitert zu sein. So sei es, trotz großer Anstrengungen, von 1.200 Schulen in weniger als 10 gelungen, albanische und serbische Kinder zumindest im gleichen Gebäude zu unterrichten. Dieses habe die Unmik darin bestärkt, von ihrem hehren Ziel, dem Aufbau einer multiethnischen Gesellschaft, zunächst Abstand zu nehmen. „Unser mittelfristiges Ziel muss sein, auf eine Koexistenz hinzuwirken und ein Klima der Toleranz zu schaffen“, sagte Koenigs. Zu diesem Zweck sei ein Arbeitsplan entwickelt worden, der unter anderem einen Ombudsmann vorsieht, der sich für die Belange der Minderheiten einsetzen soll.

Trotz aller Rückschläge und Verzögerungen – so ist die Verwaltung erst zu 60 Prozent wieder aufgebaut – sieht Koenigs auch Fortschritte. So komme die Eingliederung der Kosovo-Albaner in die neu geschaffenen Strukturen einem Durchbruch gleich. Dabei rechtfertigte Koenigs den Kurs gegenüber der Kosovo-Befreiungsarmee UÇK, also den Versuch, diejenigen, die nicht in kriminelle Aktivitäten verstrickt gewesen seien, zu integrieren. „Die Alternative wäre gewesen, die UÇK zu bekämpfen. Dieser Kampf wäre jedoch nicht zu gewinnen gewesen“, sagte Koenigs. Stattdessen gelte es, die Kooperationsbereitschaft der Kosovo-Albaner zu nutzen. Als besonders wichtig für die internationale Gemeinschaft im Kosovo bezeichnete Koenigs auch den Umstand, ihre Macht zum richtigen Zeitpunkt wieder abzugeben. „Die Gefahr, ansonsten in einen Kolonialismus zu verfallen, ist riesengroß“, sagte er.

Als essenziell für die Entwicklung im Kosovo bezeichnete Koenigs auch die Situation in den Nachbarstaaten, zum Beispiel in Montenegro. Sollten dort aufgrund innenpolitischer Entwicklungen wieder große Flüchtlingsströme entstehen, würde ein Teil des Erreichten im Kosovo ganz schnell wieder Makulatur.