Mitflieger Strieder ■ Der böse Schein der Bestechlichkeit

Peter Dussmann, Chef der Dienstleistungsfirma Dussmann hat Senator Peter Strieder einen Gefallen getan – mehr wahrscheinlich nicht. Doch Strieder, der in dem Freiflug allenfalls eine Ersparnis für den Landeshaushalt sieht, macht es sich zu leicht, wenn er darin nichts Bedenkliches erkennt. Zwar wirft ihm niemand vor, er habe sich durch den Freiflug persönlich bereichert. Und anders als bei der Flugaffäre der nordrhein-westfälischen Genossen ist dem Land Berlin auch kein finanzieller Schaden entstanden. Dennoch ist die Annahme eines kostenlosen Dienstfluges bedenklich. Für kleine Beamte sind Geschenke über 35 Mark tabu. Bei solch strengen Richtlinien sollten gerade Senatoren den leisesten Verdacht von Bestechlichkeit vermeiden. Und der ist zumindest nicht abwegig, denn Peter Dussmann, der Vorkämpfer für längere Ladenschlusszeiten, hat durchaus ein Interesse an der Gewogenheit des Senators und SPD-Parteichefs.

Strieder war im Frühjahr 1999 an der Entscheidung des vierköpfigen SPD-Führungsgremiums beteiligt, das einen Positionswechsel beim Ladenschluss vollzog. Die SPD-Führung sprach sich damals für verlängerte Öffnungszeiten bis 22 Uhr aus. Außerdem wandte sich Strieder vor kurzem gegen den Bau der so genannten Kanzler-U-Bahn. Dies liegt in Dussmanns Interesse, weil eine Baustelle vor der Haustür seines Kulturhauses geschäftsschädigend wäre.

Nun gibt es keinerlei Hinweise, dass ein Zusammenhang zwischen dem Freiflug und diesen Entscheidung besteht, doch der böse Schein hätte vermieden werden müssen. Strieder hat in der Vergangenheit durchaus bewiesen, dass er ein Gespür für verfängliche Einladungen hat. Wenn ihm ein Konzertveranstalter unaufgefordert Konzertkarten zusandte, schickte er die Tickets entweder zurück oder überwies den Gegenwert. So auch bei Freikarten für ein Michael Jackson-Konzert, das Strieders Kinder unbedingt besuchen wollten.

Mitflieger Strieder bewegt sich in einer Grauzone. Die Reisekosten-Richtlinien, in denen ansonsten jedes noch so aberwitzige Detail geregelt ist, sehen den Fall Firmenjet nicht vor. Diese Gesetzeslücke muss geschlossen werden.

Dorothee Winden