Wo kein Friedenswille ist, ist im Kongo ein Kriegspfad

Bei Sonderberatungen zum Kongo im UN-Sicherheitsrat nächste Woche setzt US-Botschafter Holbrooke auf das Verhandlungsmodell Dayton. Erfolgschancen gering

Kampala (taz) – Alle Parteien im Kongo-Konflikt – Präsident Laurent Kabila und seine Verbündeten, die Rebellen und ihre Unterstützer – sind nächste Woche zur UNO nach New York eingeladen. Sie sollen an einer fünftägigen Sondersitzung des Sicherheitsrats unter Vorsitz des US-Botschafters bei der UNO, Richard Holbrooke, teilnehmen. Die USA haben seit Jahresbeginn den rotierenden Ratsvorsitz inne, und die Kongo-Sitzung ist eines von vier Treffen, mit denen die USA den Januar zum „Monat Afrikas“ bei der UNO machen wollen.

Zweck der Sitzung ist laut UN-Generalsekretär Kofi Annan, die Kongo-Kriegsparteien zu „verschärften Anstrengungen“ aufzufordern, um das im Sommer 1999 geschlossene Kongo-Waffenstillstandsabkommen von Lusaka umzusetzen. Annan schlug in einem Bericht an den Sicherheitsrat am Mittwoch die Entsendung von 5.537 UN-Blauhelmen in den Kongo zur Überwachung des Friedens vor. Aber zunächst muss es im Kongo Frieden geben.

Wird Richard Holbrooke, der die Dayton-Friedensverhandlungen für Bosnien 1995 erfolgreich führte, zu Ende brachte, sich auch im Kongo durchsetzen? Beobachter halten es für unwahrscheinlich. Es hängt davon ab, dass die politischen Kräfte in dem zerrissenen Land ihre konträren Machtambitionen fallen lassen.

Indem Holbrooke beide Seiten nach New York eingeladen hat, greift er zur gleichen Taktik wie bei den Bosnien-Verhandlungen 1995, als alle Parteien auf einem verlassenen Luftwaffenstützpunkt bei Dayton zusammengepfercht wurden. Aber der Kongo-Krieg ist anders als der in Bosnien: Beide Seiten wollen die Macht im ganzen Land, und beide sind von ausländischen Mächten abhängig, die sich gegenseitig misstrauen. Kabila kämpft mit Soldaten aus Simbabwe, Angola und Namibia. Die in sich gespaltenen Rebellen hängen für militärische Unterstützung und politische Beratung von Ruanda und Uganda ab.

Uganda und Ruanda verachten Kabila: Sie brachten ihn 1996–97 im Krieg gegen Mobutu an die Macht und sehen ihn nun als Verräter, der auf ihrem Rücken nach Kinshasa ritt, um nach dem Sieg sofort die Seiten zu wechseln und ugandische und ruandische Flüchtlingsarmeen wie zum Beispiel die Hutu-Miliz Interahamwe im Kampf gegen seine einstigen Busenfreunde und Paten zu unterstützen. Die beiden Länder und die von ihnen unterstützten kongolesischen Rebellen werden daher wohl jeden Aufruf zu politischen Verhandlungen mit Kabila kaltschnäuzig abwehren. Ugandas Präsident Yoweri Museveni behandelt Kabilas politische Äußerungen als nicht ernst zu nehmende Witze, weil er denkt, dass Kabila es mit dem Frieden nicht ernst meint. Ruandas Regierung ist kompromisslos im Kampf gegen die von Kabila unterstützten Hutu-Milizen. Sie will die „Völkermordmilizen“ auslöschen, wo auch immer sie sich aufhalten.

Die kongolesischen Rebellen versuchten erst diesen Monat bei einem Treffen in der ugandischen Stadt Kabale, eine gemeinsame Führung zu bilden. Damit wollten sie ihren Anspruch auf Anerkennung als legitime politische Macht stärken. Gleichzeitig ist das aber auch ein Rezept für die erneute Eskalation des Krieges, denn sie denken, dass sie geeint besser kämpfen können. Bei ihrem Treffen erregten sie sich sogar darüber, dass Kabila nach New York eingeladen worden ist: Er habe das Lusaka-Waffenstillstandsabkommen über 70 Mal gebrochen und sei daher kein Gesprächspartner mehr.

Auch Kabila kennt seine Feinde, denn sie waren früher seine Freunde. Er traut ihnen nicht, egal was sie machen. Diese Haltung liegt hinter den zahlreichen Brüchen des Waffenstillstands in den letzten Monaten. Sogar wenn Simbabwe, Angola und Namibia ihre Truppen aus dem Kongo abzögen, würde Kabila keiner Machtteilung mit den Rebellen zustimmen, da er diese für Marionetten Ugandas und Ruandas hält. Er weiß, dass diese beiden Länder früher von ihm verlangten, dass er nach ihrer Pfeife tanzt, und die Gewehre auf ihn richten, seit er das verweigert.

Uganda und Ruanda werden aber den Kongo nicht verlassen, solange die bewaffneten Gegner der beiden Regierungen aus dem Kongo heraus kämpfen können. Im Lusaka-Abkommen ist die Entwaffnung dieser marodierenden Gruppen vorgesehen – aber sie sind schwer zu identifizieren, da sie zum Teil in Kabilas Armee eingegeliedert worden sind. Und sollte Kabila versuchen, sie als Verhandlungsmasse einzusetzen, würden sie sich wehren.

So ist schwer zu sehen, welchen Einfluss die USA auf die Kriegsparteien des Kongo ausüben können. Die US-Initiative in der UNO, so ein unter Analytikern kursierender Verdacht, soll lediglich die Welt davon überzeugen, dass die USA tatsächlich, wie Holbrooke vor kurzem verkündete, „lange und hart“ an der Befriedung Afrikas arbeiten – auch wenn es kein unmittelbares Ergebnis gibt.

Levi Ochieng