Der neue Kohl drängt sich nicht auf

Sollte Kohl sein Bundestagsmandat abgeben, stünde Franz Peter Basten als Nachrücker bereit. Der kennt sich mit der parlamentarischen Arbeit aus

Der neue Kohl spielt Fußball, interessiert sich für Lateinamerika und trägt einen Bart. Der neue Kohl kann warten. Schon lange steht fest, dass er dem alten folgen wird, wenn dieser nicht mehr im Bundestag sitzen will, kann oder darf. „Wenn ein (...) Abgeordneter (...) nachträglich aus dem Bundestag ausscheidet, so wird der Sitz aus der Landesliste derjenigen Partei besetzt, für die der Ausgeschiedene bei der Wahl aufgetreten ist“, so das Bundeswahlgesetz.

Der alte Kohl zog bei den letzten Wahlen über die rheinland-pfälzische Landesliste in den Bundestag ein. Bis zum elften Listenplatz reichten die Stimmen für einen Platz im Parlament. Nummer zwölf und damit potenzieller Nachrücker ist der Rechtsanwalt Franz Peter Basten aus Mehring. „Ich nehme das Mandat an, falls es frei wird“, sagt der neue Kohl. Schwierigkeiten hätte er mit der parlamentarischen Arbeit nicht, saß er doch von 1994 bis 98 schon einmal für die CDU im Bundestag.

Außenpolitisch beschlagen ist er schon: Er kennt einige Abgeordnete der russischen Duma, seit er an Joschka Fischers Seite ein Fußball-Freundschaftsspiel gegen die Russen („Die waren fitter“) verlor. Studiert hat der neue Kohl in Mainz, Freiburg und Genf. Damals im RCDS befürwortete er den Vietnamkrieg. In Trier hat er einen Verein für die Berufsausbildung von Bolivianern gegründet und wird jetzt in seiner Kanzlei mit der „Verbitterung“ der Wähler konfrontiert. Doch auch wenn er sich fragt, warum der alte Kohl „die Spender nicht nennt“, will sich der neue Kohl als Nachrücker nicht aufdrängen: „Das ist seine Entscheidung.“

Der neue kann warten, respektiert selbstverständlich „die Beschlüsse des Bundesvorstandes“ und huldigt dem alten: „Was der geleistet hat, wird auch mit der Spendengeschichte nicht aus der Welt geschafft, das steht schon in den Geschichtsbüchern.“ Was Lebensfreude und Genussfähigkeit angeht, ist der aus einer Winzerfamilie stammende neue Kohl dem alten durchaus ebenbürtig, vielleicht sogar überlegen. „Meine Frau bekocht mich manchmal, dass es schon fast ein Anschlag auf meine Gesundheit ist.“ Ein Anschlag mit Lammhaxen allerdings – auf diesen feinen Unterschied bei der Lieblingsspeise legt der neue Kohl wert, denn „wer nicht richtig essen kann, kann auch nicht richtig Politik machen“.

Bis er als Nachrücker der Nach-Kohl-Ära eventuell bald im Bundestag sitzt, geht der 55-jährige Jurist und Vater zweier Töchter seiner Arbeit in der Kanzlei nach. Denn auf den richtigen Moment muss man in der Politik warten können – das weiß auch der neue Kohl. Matthias Thieme