„Wischi-Waschi-Antrag, der nichts ändert“

■ Die Rechtsanwältin Jutta Bahr-Jendges zum Antrag „Schutz vor häuslicher Gewalt“ von SPD und CDU

taz: Ist das der große Wurf, auf den Frauen gewartet haben?

Jutta Bahr-Jendges, Rechtsanwältin: Ich fürchte nein. Meiner Ansicht nach wird hier bagatellisiert, in welchem Ausmaß Gewalt im häuslichen Bereich stattfindet. Die Familie ist für Frauen und Kinder ein gefährlicher Ort – deshalb hätten Regelungen zum Schutz von Frauen im häuslichen Bereich längst getroffen werden müssen. Es ist bedauerlich, dass die Bundesrepublik das Schlusslicht unter den Ländern Europas bildet, indem man sich hier erst jetzt überlegt, gesetzliche Regelungen zu treffen, nachdem andere Länder tätig wurden. Sicher muss das Polizeigesetz geändert werden.

Nun heisst es im Antrag, der Senat – die Exekutive also – solle „prüfen“. Hätten Sie nicht gleich einen ordentlichen Antrag des Gesetzgebers – der Bürgerschaft – erwartet, aus dem schlüssig hervorgeht, wie zum Schutz von Frauen verfahren werden soll?

Ja. Denn ein Prüfauftrag an den Senat heißt im Klartext, dass Monate und Jahre vergehen können. Das ist umso ärgerlicher, als es konkrete Gesetze gibt, an denen man sich hätte orientieren können. Das von einer großen Koalition regierte Bremen hätte Vorbild sein können.

Bremen ist das erste Land, das jetzt das Polizeigesetz reformiert. Dazu sagt der Antrag: „... gefahrenabwehrende Regelungen sollten überprüft werden, wenn andere Maßnahmen der Krisenintervention keinen Erfolg hatten, offenkundig keinen Erfolg versprechen und unverzügliches dementsprechendes Handeln zwingend notwendig ist.“ Wie lesen Sie das?

Dass wir im Polizeigesetz eine Generalklausel mit großem Ermessensspielraum für Polizeibeamte finden könnten – wobei vorher die Frauen nachweisen müssten, wie sie der Gewalt mit welchen Mitteln entgegengetreten sind. Es klingt fast, als würde diese Klausel nur greifen, wenn die Frauen vorher beim Familiengericht waren oder sonstige zivilrechtliche Maßnahmen ergriffen haben. Erst dann würde die Polizei eingreifen. Unannehmbar.

Was würde sich an der heutigen Situation ändern, wenn der Antrag die notwendige Zustimmung findet?

Nichts. Überhaupt nichts. Das einzige wäre, dass die Medien damit vielleicht beruhigt würden. Man erwartet schließlich zu diesem Thema Ergebnisse. Aber inhaltlich sagt der Antrag gar nichts.

Fragen: Eva Rhode