Präsident zur Halbzeit ausgewechselt

Um den angestrebten Aufstieg noch zu ermöglichen, wählte der Zweitligist Tennis Borussia einen ungewöhnlichen Weg. Statt des Trainers musste der Vereinspräsident gehen

Kuno Konrad wirkte fast erleichtert, als er den Job endlich los war. „Ich sehe das emotionslos. Ein bisschen freue ich mich aber auch“, gestand der Schwabe aus Kleinklattbach bei Stuttgart. Dreieinhalb Jahre war Konrad Präsident des Fußball-Zeitligisten Tennis Borussia Berlin. Doch zuletzt drohte ihm viel aus dem Ruder zu laufen.

In Berlin tanzten die Mäuse auf dem Tisch, denn Konrad wohnte 7.000 Kilometer entfrent. Spieler muckten offen gegen Trainer Winfried Schäfer auf oder gingen sich in der Mannschaftskabine an die Gurgel. Als Konrad auf dem Neujahrsempfang des Klubs leise Zweifel an dem mit viel Geld ausstaffierten „Unternehmen Bundesliga-Aufstieg“ äußerte, entschloss sich Erwin Zacharias zur Kandidatur als Vorstandsvorsitzender.

Der Konrad-Nachfolger, Mitte Januar im Amt bestätigt, beaufsichtigte seinen Vorgänger bis dato als graue Eminenz und Chef des Aufsichtsrates. Wie der gutmütige Konrad stammt auch der forsche Bremer aus dem Hause „Göttinger Gruppe“, einem Finanz- und Versicherungskonzern, der als De-facto-Eigner TeBe in die 1. Liga puschen will. Über 30 Millionen Mark sollen die Göttinger dafür seit 1996 hingeblättert haben. Bislang mit eher mäßigem Erfolg. Nach der Vorrunde der laufenden Spielzeit rangieren die Berliner in der 2. Liga nicht auf einem der drei Aufstiegsplätze. Schon spottete Edel-Fan und Kabarettist Wolfgang Gruner, man könne TeBe bald mit „WC“ verwechseln, „weil wir so oft 0:0 spielen“.

„Der Zeitpunkt ist optimal. Es geht um den Endspurt in der 2. Liga. Ich will dafür sorgen, dass alle Voraussetzungen für den Aufstieg gegeben sind – ohne Störfälle“, begründete Zacharias seinen Postenwechsel vor dem Rückrundenstart. Die Trainer-Skeptiker im Vorstand schob er vorsichtshalber auf das unsportliche Abstellgleis: Konrad zeichnet künftig für das Marketing verantwortlich. Und Jan Schindelmeister, als Inhaber eines Trainerscheins der natürliche Feind von Schäfer, soll sich nun um die Verwaltung kümmern.

Coach Schäfer hingegen, der kurz vor Weihnachten nur knapp der Entlassung entging, wurde von Zacharias prompt zum allein herrschenden Sportdirektor ernannt. Von einem Putsch um des Erfolges willen wollte Zacharias jedoch nichts wissen. „Ich halte diesen Begriff für deplaziert. Auch in der Vergangenheit gab es keine konzentrierte Machtfülle.“

Es steht viel auf dem Spiel für TeBe. Denn die Göttinger Gruppe scheint allmählich Zweifel zu bekommen, ob sich ihre Investitionen auch auszahlen. Zwar lagerte der Verein als erster deutscher Klub schon im März 1999 seine Profi-Abteilung in eine börsenfähige Kommanditgesellschaft auf Aktien aus. Doch vor dem lukrativen Börsengang steht der Aufstieg. „In der 2. Liga“, weiß Ökonomie-Professor Zacharias, „macht das keinen Sinn.“

Jürgen Schulz