Nach der DLV-Empfehlung, den Olympiasieger zu sperren:
: Gut, dass es Dieter Baumann war

Das Präsidium des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) hat am Samstag einem dafür zuständigen Rechtsausschuss empfohlen, den 5.000-Meter-Olympiasieger und Dopingbekämpfer Dieter Baumann für zwei Jahre zu sperren. Wegen „dringenden Tatverdachts“, gedopt zu haben.

Dringender Tatverdacht? Es gibt zwei positive Dopingproben, die das anabole Steroid 19-NOR-Androstendion enthalten. Das ist Fakt. Der einzige. Nicht der DLV-Funktionäre Problem soll sein, warum ein nicht völlig verblödeter Langstreckler im Ruhemonat ein leicht und lange nachweisbares, in seiner Wirkung zweifelhaftes Dopingmittel genommen haben soll. Der DLV hat es in dieser Sache natürlich schwer. Er verliert. Immer. Image und Baumann, so oder so. Nun hofft er, wenigstens die Verantwortung – auch für einen Freispruch – an den Rechtsausschuss losgeworden zu sein und den Schaden damit zu begrenzen. DLV-Präsident Helmut Digel versucht jetzt mit sorgenvoller Rede die Medien dazu anzuregen, über die Defizite des auf Athleten-Unschuldsbeweislast basierenden Doping-Kontroll-Systems nachzudenken – und die der Sportgerichtsbarkeit. Das ist richtig. Aber ist das alles? Sagen wir mal: Da ist ein Verband, der zügig die Einheit vollzog – auch indem er die Anti-Doping-Frage pragmatisch anging und selbst gerichtlich ausgewiesene Fachdoper in wichtige Ämter hievte. Wenn jetzt einer aus den eigenen Reihen überführt wird, der die Zahnpastatuben des wichtigsten Anti-Doping-Sportlers von Verband und Republik kontaminiert hat – sozusagen vom Bundesinnenministerium finanziert? Und der kommt auch noch aus dem Osten? Einheit perdu, Bundesmittel perdu, Verband implodiert? Der ganze deutsche olympische Sport sähe nicht gut aus.

Wäre es nicht dem Athleten gegenüber Körperverletzung, müsste man sagen: Gut, dass es Baumann erwischt hat. Nur bei ihm ist die Antithese Dopingbekämpfer/Doper so groß, dass selbst Zyniker sich jenseits obsoleter Glaubensfragen so kompetent machen, dass sie den komplexen Fall beurteilen können. Nur durch den vormaligen Systemverfechter kann das System verbessert werden. Und nur weil Baumann den Fall durch Anzeige längst über die Sportgerichtsbarkeit gehoben hat, kann das Zweitwichtigste nach des Läufers persönlichem Schicksal geklärt werden: Die Frage, ob, wie und warum deutsche Sportsfreunde einen Dopingbekämpfer erledigen wollen und was daraus folgt. Klar ist: Ein gutes Ende nimmt diese Geschichte nicht. Peter Unfried