Europaweites Klettern gegen die große Flut

Mit spektakulären Aktionen gegen den baskischen Itoiz-Staudamm. Hohe Haftstrafen für Aktivisten ■ Aus Berlin Peter Nowak

Der Betonrumpf des Fernsehturms ragt aus dem Berliner Alexanderplatz in den Winterhimmel, bis sich in 200 Meter Höhe die Aussichtskugel wölbt. Plötzlich öffnet sich im unteren Drittel eine Luke, Menschen seilen sich ab und versuchen im schneidend kalten Wind ein Transparent aufzuspannen. „Stop Itoiz Dam“ steht darauf. Mit der Aktion machte gestern die Coordinadora de Itoiz auf den Widerstand gegen den weit fortgeschrittenen Bau eines Staudamms im Baskenland aufmerksam.

Knapp 30 Kilometer von Pamplona entfernt soll durch den Damm das Wasser der Pyrenäenflüsse Irati und Urrobi auf einer Länge von 35 km gestaut werden. Die Regierung verspricht den BewohnerInnen der baskischen Provinz Navarra blühende Landschaften. Doch die von großen Teilen der Bevölkerung unterstützten StaudammgegnerInnen sehen viele Nachteile: 1.100 Hektar Land, darunter mehrere Naturschutzgebiete, sollen ebenso in den Fluten verschwinden wie zehn Dörfer.

Das alles ficht die Staudammbauer ebenso wenig an, wie ein vom Obersten spanischen Gerichtshof 1997 bestätigtes Urteil, das den technischen Plan des Staudammprojekts für ungültig erklärte. Mittlerweile ist die Hauptstaumauer fertig und auch die Umgehungsstraße um den Staudamm wurde eingeweiht. Die in der Coordinadora de Itoiz zusammengeschlossenen StaudammgegnerInnen denken trotzdem nicht ans Aufgeben. Am 6. April 1996 unternahmen die im Kollektiv „Solidari@s con Itoiz“ zusammengeschlossenen radikalen StaudammgegnerInnen ihre bisher spektakulärste Aktion. Acht Aktivisten brachten die Bauarbeiten für mehr als ein Jahr zum Stillstand, als sie auf das Baustellengelände vordrangen und die sechs Stahlkabel der Seilbahn kappten, die Zement für den Dammbau beförderte.

Gemäß ihres gewaltfreien Widerstandkonzepts warteten die Beteiligten am Tatort auf die Polizei und ließen sich widerstandslos festnehmen. Bei der Aktion wurde niemand verletzt, es entstand aber hoher Sachschaden. Ein Gericht verhängte unerwartet hohe Haftstrafen von 4 Jahren und 8 Monaten gegen jeden der Beteiligten. Sie müssen demnächst mit ihrer Inhaftierung rechnen – trotz einer Amnestiekampagne, der sich viele spanische Umweltschutzverbände und selbst einige Gewerkschaften angeschlossen hatten.

Doch zuvor wollten die AktivistInnen auf einer Europatour noch Öffentlichkeit für ihr Anliegen herstellen. In Kassel, Leipzig, Hamburg und Zürich sind weitere Aktionen der StaudammgegnerInnen geplant.