Donuts für Hundertschaften

■ Linksaktive Crossover-Kerls aus Kalifornien: Die Polit-Alarmisten Rage Against The Machine liefern sich einen kalorienreichen und medienwirksamen Streit mit einer amerikanischen Polizeigewerkschaft

Rage Against The Machine halten es mit der Fragestellung nach dem Verhältnis von Pop zu Politik wie der Volksmund mit der Geschichte vom Huhn und dem Ei. Wer von beiden nun zuerst da war – weiß man nicht so genau. Klar allerdings ist, dass die vier linksaktiven Crossover-Kerls aus Kalifornien die vielleicht letzten und vor allem gut verkaufenden Rap-Rock-Revolutionäre im alten Stil sind. Ihr Crossover, diese alte Minderheiten-Musik von 1992, paktiert noch immer und im gleichen Maße mit Textpamphleten, die sich gegen den Polizeistaat, Globalisierung und Machtkonzentra-tionen richten und sich für die Freilassung ungerechtfertigt Gefangener einsetzt.

Über Musik, da sind sich die meisten einig, wird bei Rage Against The Machine nur in zweiter Instanz verhandelt. Politik läuft hier über Politik, und zwar über die, die man an Personen und Programmen festmachen kann. No Time for Zwischentöne und alternative Lebensentwürfe, also. Erst jüngst bekamen Bandsprecher Tom Moreno & Co. den ganz konkreten, dafür aber wilden Zorn der amerikanischen Polizeigewerkschaft „Fraternal Order Of Police“ (FOP) zu spüren, als die brüderlichen Vollzugsbeamten öffentlich zum Boykott der Band aufriefen. Der Hintergrund: Auch Rage Against The Machine engagieren sich für die Wiederaufnahme des Prozesses gegen den wegen Polizistenmordes zum Tode verurteilten Menschenrechtsaktivisten Mumia Abu-Jamal. In den Diss-Radius der Ordnungshüter geriet dabei nicht nur die Band, sondern auch deren Konzerthallen, die Sponsoren der Konzerthallen und der Nachrichtensender NBC, der ihren kritischen Song „Testify“ in die Wohnstuben spülte. Die FOP wollte daraufhin eine Sondersendung erwirken, in der die Gewerkschaftlichen Geschlossenheit demonstriert und der neuen Gefahr von links mal ordentlich die Meinung gegeigt werden sollte.

NBC gaben ihr Okay, allerdings, ein publikumswirksames Spektakel vermutend, unter der Voraussetzung, die Kritisierten selbst ebenfalls an dieser Live-Talkrunde teilnehmen zu lassen. Das wiederum ging den straffen Cops gegen den Strich, und das Ganze wurde abgeblasen. Stattdessen ziehen es die selbsternannten Polit-Alarmisten vor, auf den Konzerten der Band aufzutauchen, Musiker sowie Fans in alter Redneck-Manier zu beschimpfen und wahllos Personalien aufzunehmen.

Im amerikanischen Worchester marschierten gleich 300 Officers auf, die anscheinend nicht so recht wussten, was sie da sollten. Zumindest erweckte der Anblick von so vielen untätigen Beamten Mitleid bei Rage Against The Machine, dass sie den Hundertschaften eine Runde Donuts spendierten. Hat auch nichts mit Musik zu tun, aber Kauen ist immer noch mehr als gar nichts zu tun.

Oliver Rohlf

Mo, 31. Januar, 20 Uhr, Sporthalle